Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“ hatte am Theater Meißen in einer Bühnenfassung der Landesbühnen Sachsen Premiere
Es ist schon ein wagemutiger Rückgriff in die Zeitgeschichte, wenn man solch namhafte Wissenschaftler und Forscher – wie es Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt zweifelsfrei waren – auf der Theaterbühne wieder auferstehen lässt. Denn immerhin führt uns die Geschichte um diese beiden zeitgeschichtlich ausgesprochen wichtigen Menschen fast zweihundert Jahre in die Vergangenheit zurück. Heute wissen wir von beiden Forschern wesentlich mehr, als es die Menschen jener Zeit wussten. Und wenn damals überhaupt etwas nach außen gelangte, dann erfolgte das über meist unausgegorene und oftmals auch völlig falsche Informationen.
Gauß und Humboldt waren anerkannte Wissenschaftler, die mit ihrer Forschungsarbeit zwar nicht gerade die Welt veränderten, die Menschen aber vor allem neugierig machten. So gesehen schließt Daniel Kehlmanns Buch mit dem neugierig machenden Titel „Die Vermessung der Welt“ durchaus eine Wissenslücke. Und darüber hinaus ist Kehlmann ein ausgesprochen unterhaltender Buchautor. Davon zeugen letztendlich auch die hohen Verkaufszahlen seines Romans. Die vor allem wohl auch die Begehrlichkeiten von Theaterautoren wecken können. Die Bühnenfassung stammt von Dirk Engler. Für die Aufführung der Landesbühnen Sachsen wurde diese Bühnenfassung etwas modifiziert. Der Bautzener Theaterdirektor Lutz Hillmann konnte für die Regie gewonnen werden; die Ausstattung besorgte Miroslaw Nowotny. Premiere war am 14. Oktober 2017 im Theater Meißen.
Man brauchte ein wenig Geduld und auch Zeit, um sich als Zuschauer in das ziemlich komplizierte Geflecht der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse hinein zu denken. Gauß wurde 1777 in Braunschweig geboren; Alexander von Humboldt wurde acht Jahre zuvor – im Jahr 1769 – geboren. Die große Lust am Reisen war bei Humboldt weit intensiver ausgeprägt als bei Gauß. Mit gerade mal 22 Jahren – anno 1799 – kam er dank einer Erbschaft von seiner Mutter in den Besitz einer beachtlichen Summe Geldes. Und machte sich auf nach Südamerika um dort in Venezuela wissenschaftlich zu forschen. Von Humboldt stammt auch die folgende Erkenntnis „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben!“ .
Von Carl Friedrich Gauß wiederum stammt die sogenannte „Gauß‘sche Normalverteilung“. Mit der Vermessung der Erde – ergo mit der Geodäsie – beschäftigt sich Gauß erst in seinen letzten Lebensjahren.
Daniel Kehlmanns Roman nun bringt jene beiden wissenschaftlichen Giganten zum gemeinsamen Forschen und Handeln zusammen.
Und nach dem brachialen Erfolg des Romans von Daniel Kehlmann war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis der Stoff für die Theaterbühne entdeckt wurde. Dirk Egler schuf die Bühnenfassung. Die Schauspieler Grian Duesberg (Carl Friedrich Gauß) und Michael Berndt Canana (Alexander von Humboldt) dachten sich ganz intensiv in die Welt der Protagonisten von einst hinein. So entstand eine überaus stimmige Inszenierung, die aus der Feder von Dirk Engler stammt. Die Theatermacher Lutz Hillmann und Miroslaw Nowotny mussten darin nur sehr wenig Striche machen; die Inszenierung ging in Meißen so über die Bühne, wie es in der Absicht der Macher lag.
Wolfgang Zimmermann