25 Jahre Verein für Denkmalpflege und Neues Bauen Radebeul e. V.

25 Jahre Verein für Denkmalpflege und Neues Bauen Radebeul e. V.

„Der Glaube, der Berge versetzt, er schafft auch die Berge … Siehst du nicht, daß ich das siebenfach versiegelte Buch des Lebens schreibe, mein Sohn? Aber du schreibst es in den Sand, sagte der Rabbi, und ein Wind wird kommen und alles verwehen. Genau das, erwiderte der Alte, ist das Geheimnis des Buches.“ (Stefan Heym, Ahasver)
25 Jahre – Zeit eine Familie zu gründen, Zeit Kinder groß werden zu lassen, Zeit Häuser zu bauen, Politik nachhaltig zu gestalten oder einfach Zeit, die man ins Land fließen lassen kann. Auf jeden Fall aber sind 25 Jahre Zeitabschnitte, die nach einer Zwischenbilanz, beim dritten oder spätestens vierten Mal nach einer Endbilanz fragen. Wenn die Gründungsmitglieder unseres Vereins auf 1993 zurückschauen, so sehen sie nicht nur jede Menge – aus heutiger Sicht berechtigten wie auch enttäuschten – Enthusiasmus, sondern auch Frauen und Männer Ende 20 bis Ende 30, die viele Wünsche bewegten, die auch anderes im Blick hatten als nur den Verein und, nicht alle leben mehr, ihm doch treu geblieben sind, mit ihm älter und vermutlich auch alt werden. Am 23. März in der Hoflößnitz stellten wir uns mit über 100 Gästen, Freunden und Gratulanten dieser Frage: Was macht unseren Verein aus, haben wir Berge versetzt, neue Probleme geschaffen oder nur in den Sand geschrieben?
Alle Redner, ob unser Landtagspräsident und Vereinsmitglied Dr. Matthias Rößler, unser Oberbürgermeister Bert Wendsche oder mein Amtsvorgänger Thomas Gerlach, der erste Vorsitzende 13 Jahre lang, waren sich einig, dass der Verein viel und nachhaltig bewegt hat. Ob die Figurengruppe Chronos und die Trauernde, der Pavillon an der Spitzhaustreppe, Weiberstein, Heimkehrerstein, Schmincke-Allee, Platanenplatz, Bilzplatz, Bismarckturm, über 70 Bauherrenpreise, ungezählte Vorträge wie auch Stellungnahmen zu stadtgestaltenden Baumaßnahmen, das Forum „Was macht Radebeul aus“ oder regelmäßige Beiträge in diesem besonderen Monatsheft, Exkursionen und anderes mehr – der Verein ist mit seinen Fragestellungen und Antworten in der Stadt gefragt und akzeptiert. Dazu gehören ebenso die Pflanztage, der ehemalige Tag der offenen Aussicht, der Tag des offenen Gartens oder der Tag des offenen Denkmals – alles Dinge, die ehrenamtlich betrieben werden und viel Kraft fordern; gerade auch vielleicht deshalb, weil das „Publikum“ den Unterschied zwischen Ehrenamt und Beruf gar nicht merken soll. Über die Jahre gerechnet haben wir knapp eine Million Euro gesammelt, gespendet, beigetragen – Geld, welches direkt unserer Stadt sichtbar zufließt. Das Wenigste können wir allein, aber eine unserer entscheidenden Funktionen ist es anzustoßen, zu bündeln, zu transportieren und gemeinsam mit weiteren Interessensgruppen oder einzelnen Personen Maßnahmen umzusetzen bzw. Themen auf die kommunalpolitische Agenda zu heben. Und zwar ohne parteipolitische bzw. interessenspolitische Fixierung sondern nur mit unserem Satzungsanspruch: Erhaltung des besonderen Charakters der Stadt Radebeul.
Dieser Charakter ist weiterhin nicht definiert; und vielleicht ist dies sogar sein Geheimnis. Nicht zuletzt bleibt somit jeder Generation eigenes Zutun offen und jede Generation wird darüber hinaus aufgefordert, sich mit ihren Altvorderen auseinanderzusetzen und zu ergründen, was sie bewegte. Leider ist auch manches im Baugeschehen in den letzten Jahren misslungen – weniges davon wird man später als doch gelungen bezeichnen, bei Vielem eher hoffen, dass es wieder verschwindet (was aber gerade bei Bauten eben nicht leicht der Fall ist). Thomas Gerlach wies in seiner Rede darauf hin – und es bleibt anzumerken, dass mangelnder Gestaltungswillen des Gesetzgebers, Spardruck der Verwaltung hinsichtlich entsprechender Stellen und eine zunehmend andere Rechtsprechung dem persönlichen Geschmacksverlust hilfreich zur Seite stehen.
Wichtig ist und bleibt daher die Sensibilisierung, die kulturelle Bildung der Einwohner unserer Stadt, die Einbeziehung schon der Jugend für ihre Gemeinde: Denn nur wer weiß, warum die Stadt gerade so entstanden ist wie sie ist, wird sich für ihren Erhalt einsetzen, wird den Charakter der Stadt überhaupt vollumfänglich erfassen können. Vorträge, Diskussionsforen und Exkursionen sind für diese Sensibilisierung weiterhin ein gutes Mittel. Nicht zuletzt hatte der Festredner Dr. Storz in seinem mitreißenden Vortrag deutlich gemacht, auf welchen (europäischen) kulturellen, architektonischen und künstlerischen Voraussetzungen unser gebautes Erbe bis hin zu seiner Zeichensprache in Schmuck und Form beruht und das dieses Erbe einen jahrtausendalten Zusammenhang widerspiegelt, der für unser Wertebewußtsein Meßlatte sein sollte. Es gilt eben nicht, in vollständiger Freiheit nur Wohnraum zu schaffen, Zuzug von Steuerzahlern zu ermöglichen – sondern es gilt, mit alten und neuen Einwohnern eine Stadt abendländischer Kultur weiterzubauen. So wird der Bauherrenpreis, der Beispielhaftes hervorhebt, von uns weiterhin fortgesetzt werden; in der Stadt wird noch charaktervoll gebaut und zugleich sich am Anspruch „Radebeul“ versündigt. Desgleichen werden wir uns mit Stellungnahmen zu öffentlichen Vorhaben fortlaufend einbringen und erwarten natürlich von der Verwaltung und den Stadträten, dass unsere Anmerkungen auch Berücksichtigung finden. Es ist daher unsere Anregung, die sich über uns selbst erstrecken kann, ob es nicht zielführend wäre, wenn Vereine mit stadtgestaltendem Anspruch beratenden Status im entsprechenden Ausschuß bekämen. Aktuell werden wir uns einbringen in die Diskussion um das weitere Vorgehen im Sanierungsgebiet Radebeul-West.
25 Jahre sind uns also nicht genug, auch wenn wir kein typischer geselliger Verein sind, sondern uns eher zu Themen oder Aufgabenstellungen zusammenfinden. Entscheidend für die Kraft wird die Lust am Gestalten sein, der Glaube, Berge versetzen zu können – und diese Lust, dieser Glaube hängen wiederum von Akzeptanz und Mitwirkung ab. Versprochen haben wir zu unserem Jubiläum, der Stadt weiterhin Stütze, aber auch Stachel zu sein – damit nichts in den Sand geschrieben wird.
Dr. Jens Baumann, Vereinsvorsitzender

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