Das Weingut »Hofmannsberg«

Der Verkauf und das damit einhergehende Sanierungsvorhaben des markanten Gebäudeensembles „Weinbergstraße 48 / 48a sensibilisiert derzeit einige Bürger unserer Stadt. Lesen Sie hierzu zwei Beiträge aus denkmalpfegerischer Sicht, bzw. aus dem Blickwinkel eines Anwohners.

Jahrzehnte war es eher still um dieses ursprünglich mit dem Weinbau in der Lößnitz verbundene Anwesen, es verblasste und es bröckelte, aber es war immer noch bewohnbar. Und nun ist es sozusagen über Nacht in aller Munde. Grund dafür scheint, entgegen bisheriger Beteuerungen der Radebeuler Besitzgesellschaft, die Absicht zu sein, es jetzt verkaufen zu wollen. Aber was wissen wir eigentlich über die Geschichte dieser Häuser an der Weinbergstraße?

Gebäudeensemble Weinbergstraße 48/48a von Süden

Gebäudeensemble Weinbergstraße 48/48a von Süden

Aus den Geschichtsakten kennen wir einige Namen, die in wechselnder Folge das Grundstück, also den Weinberg in bester Lage, besaßen: Freisleben von Grohlich (1729), Teuffert (1732), Gutkäse / Darßdorf / Wiedemann (1734–1809), Braune / Rudolph (1809), W. L. Hofmann (1826), E. L. und M. L. Hofmann (1886), M. L. Hofmann (1888), A. L. Hofmann (1912). Damit wissen wir aber noch nichts über das Alter der Bebauung, deren früheste Entstehung etwa nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges zu vermuten ist, also in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, dh., dass dazu vielleicht noch andere Eigentümernamen gehören. In der Nienborg-Karte von 1714 / 15 scheint das Winzerhaus, d.h., das westlichste Haus des Ensembles, eingetragen zu sein, wofür bauseitig der große Keller mit prächtigem Sandstein-Tonnengewölbe und die Fenstergewände des EG sprechen können. 1729 wird erstmals in der Häuserkartei an dieser Stelle ein Berg- und Winzerhaus geführt. Nördlich an das Winzerhaus dürfte noch im 18. Jahrhundert ein eingeschossiger Wirtschaftsflügel angebaut worden sein – die daran befindliche Sandsteintafel mit „W. L. H. 1836 und Weintraube“ bezieht sich auf den Eigentümer Wilhelm Ludwig Hofmann und ist wohl später (1903) an die heutige Stelle umgesetzt worden. Das Jahr 1836 könnte vielmehr mit der Errichtung des Herrenhauses identisch sein, das vom Typus her einem Haus der Biedermeierzeit entspricht. Ein in Radebeuler Privatbesitz befindliches Gemälde um 1850 zeigt uns das komplette Gebäudeensemble des „Hofmannsberges“ von Süden – Winzerhaus und Flügel eingeschossig, das Herrenhaus zweigeschossig.

Unter dem Eigentümer Max Ludwig Hofmann, der als Bankier in Leipzig arbeitete, wurde 1903 eine deutliche Erweiterung aller Gebäude eingeleitet. Die Pläne zur Aufstockung bzw. Erweiterung im Sinne des Jugendstil zeichnete der bekannte Leipziger Architekt Adalbert Friedrich, wobei der Jugendstilcharakter am deutlichsten am Winzerhaus mit Turm und Loggien hervortritt; das ebenfalls um ein Geschoß aufgestockte Herrenhaus zeigt dagegen den Jugendstil nur in der Behandlung der Fassaden mit unterschiedlichen Putzen und Keramikdekor. Der prägende Umbau von 1903 zu zwei Mietvillen ist vor dem Hintergrund der Reblauskatastrophe zu sehen – das Weingut lag brach und erbrachte keinen Gewinn. Solchen versprach sich M. L. Hofmann aber durch eine größere Zahl von zu vermietenden Wohnungen. Damit hatte er aber die maximale Größe von städtebaulich möglichen Gebäuden an der Weinbergstraße ausgeschöpft!

Michael Hofmann: In der Weinbergstraße (2002)

Michael Hofmann: In der Weinbergstraße (2002)

Die genauen Gründe für eine 1945 erfolgte Enteignung des Privatbesitzes sind zZ. nicht bekannt. Seit dieser Zeit ist die Weinbergstraße 48 (neuerdings geteilt in 48 (Winzerhaus) und 48a (Herrenhaus)) städtisches Eigentum. Unter den Mietern in jüngerer Zeit waren neben Familie Kruschel oft auch Ensemblemitglieder der Landesbühnen Sachsen zu finden. Dass das malerisch wirkende Gebäudeensemble, das seit 1991 unter Denkmalschutz steht, auch von Künstlern als Motiv erkannt wird, möge der Farbholzschnitt von Michael Hofmann (nicht verwandt mit den o.g. Hofmanns) belegen.

Es wäre erforderlich, dass durch eine innere und äußere Bauforschung vor der Sanierung einige meiner Annahmen geprüft und ergänzt werden und damit eine Grundlage für ein Projekt zur Sanierung hergestellt wird. Das den oberen Abschluss der Weinbergstraßenbebauung bildende Ensemble ist gerade wegen seiner bau- und nutzungsgeschichtlichen Zusammenhänge unverzichtbar!

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Ein Trackback

  1. Von Erhalten ist Stillstand | Vorschau und Rückblick am Do, 1. Dez. 2011 um 00:20

    […] dem selben Objekt befasst sich der Artikel von Dietrich Lohse, der ebenfalls im Dezemberheft erschienen […]

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