Das englischsprachige Dresdner Eclectic Theatre inszenierte Molières Komödie „Arzt wider Willen“
Legt man bspw. das nachfolgende Zitat der neuen Inszenierung des Dresdner Eclectic Theatre zugrunde, dann ahnt man zumindest, worauf man sich mit dem „Reluctant Doctor“ einlässt. Der Schöpfer dieser kurzweiligen und frechen Komödie ist Jean Baptiste Molière und der sagte u.a. einmal „Die Dinge haben nur den Wert, den man ihnen verleiht!“ So gesehen hat Regisseur Michael Hastead seiner munteren Theatertruppe allerhand Wert aufgebürdet. Zu einer Last wird den Akteuren dieser Wert allerdings nicht. Ganz im Gegenteil; sie spielen nämlich eine typisch französische – weil charmante – Komödie mit jener Schlitzohrigkeit, die bisher vor allem immer den britischen Humor auszeichnete. Und sie spielen das Ganze so flott, so engagiert und so bravourös, dass man sich als Zuschauer unwillkürlich fragt, ob jener Jean Baptiste Molière nicht vielleicht selbst ein Verehrer des britischen Humors gewesen sein könnte.
Gute sechzig Minuten dauerte die Aufführung nur, deren Premiere am vergangenen Donnerstagabend im restlos ausverkauften Theaterhaus RUDI stattfand. Eine Stunde lang prallten französischer Charme und britische Direktheit aufeinander und diese Stunde wurde an keiner Stelle langweilig. Man spielte in variablen Kulissen; bewegliche Stellwände machten die jeweiligen Schauplätze (die Wohnung des reichen Géronte bspw. oder die Straße als Aufenthaltsort des Trunkenbolds Sganarelle) sichtbar. Letzterer hat gerade mal wieder im Suff seine Frau Martine verprügelt und die rächt sich, indem sie Sganarelle öffentlich die Fähigkeiten eines Wunderdoktors andichtet. Ein Auftraggeber ist mit dem Adligen Géronte auch gleich zur Stelle, denn dessen Tochter Lucinde weigert sich zu sprechen. Sie will sich so den Plänen ihres Vaters entziehen, der sie gern reich verheiraten möchte. Sganarelle (großartig gespielt von Christoph Herbig) ist anfangs verärgert über die Intrige seiner Frau, wittert dann aber schnell die Chance, auf diesem Umweg an Geld bzw. an Alkohol zu kommen. Er geht daher auf die Winkelzüge seiner Frau ein. Ihm gelingt der Spagat zwischen seinem an sich ruinösen Lebenswandel und der ihm aufgezwungenen Rolle des Arztes so trefflich, dass man ihm als Zuschauer – unwillkürlich und eigentlich wider alle Vernunft – jederzeit Erfolg bei seinen künftigen Unternehmungen wünscht. Er macht nämlich aus dem in Lucinde (Astrid Schuster) verliebten Léandre (Conrad Kloß) einen glücklichen Bräutigam und aus Lucindes Vater Géronte (Rüdiger Kettritz) einen ebenso glücklichen Menschen. Lediglich Sagnarelle selbst – der weiblichen Schönheit sehr zugetan – scheitert bei seinem Versuch, als zusätzliches charmantes Abenteuer die hübsche Amme Jaqueline (Carole Rivoire) zu erobern. Die aber ist längst glücklich verheiratet und gibt ihm einen Korb. Das Finale ist überraschend, denn Sganarelle hat sich am Ende in die ihm aufgezwungene Rolle des Arztes wider Wíllen richtiggehend verliebt und beschließt bei sich, auch künftig Arzt zu bleiben.Mit „The Reluctant Doctor“ ist dem Dresdner Eclectic Theatre auch eine Art Spagat gelungen.
Die an sich logische Repertoiredominanz einer englischsprachigen Theatergruppe, die vorwiegend aus Stücken von William Shakespeare bestand, erlebte durch die Beschäftigung bzw. Einstudierung eines Stücks von Jean Baptiste Molière nicht nur eine Repertoirebereicherung, sondern hatte auch das Ziel, sich mit einem der bedeutendsten europäischen Komödiendichter zu befassen. Das ist der Theatergruppe mit dem bestmöglichsten Resultat gelungen.
„The Reluctant Doctor“ bereichert auch in den kommenden Monaten den Spielplan im Theaterhaus RUDI.
W. Zimmermann
Weitere Informationen zum Stück finden Sie auf der Website des Eclectic Theatre.