Premiere für den „Messias“ an den Landesbühnen Sachsen
Satire zur Weihnachtszeit ist meist identisch mit der Satire über die eigentlichen Wurzeln dieses Festes. Und diese Wurzeln werden besonders ausführlich im Buch der Bücher selbst – der Bibel nämlich – genauestens erläutert. Dass die Menschen der beinahe unglaublichen Story von der irdischen Geburt des Gottessohnes das Weihnachtsfest an sich verdanken kann als positives Ergebnis dieses Märchens durchgehen. Und dass vor dem Hintergrund der biblischen Geschichte immer auch Parallelen entstehen, gehört – besonders im aufgeklärten Europa – längst schon zur Normalität. Anfang der 1970er Jahre erfand die britische Komikertruppe „Monty Python“ die Figur des Brian, der all die unsäglichen Leiden des wahren Jesus erleiden musste, obwohl er nur mit ihm verwechselt wurde. Eine Satire, die heute in aufgeklärten Familien genauso zum Weihnachtsfest gehört wie der Gänsebraten und die Klöße. Der Film entstand im Jahre 1972 und im Schatten seines überwältigenden Erfolgs erblühte die Kultur, die biblischen Erzählungen auf satirisch-humoristische Art neu zu erzählen. 1983 eroberte dann mit dem „Messias“ des britischen Theaterautors Patrick Barlow die Satire die englische Theaterbühne. Und ihr folgte nur vier Jahre später die deutsche Lesart. 1987 lief der „Messias“ über alle Maßen erfolgreich im Berliner GRIPS-Theater. In den Jahren danach nahm das Interesse des deutschen Theaterpublikums an solcherart Verballhornungen noch zu. So gesehen war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der MESSIAS auch auf dem Spielplan der Landesbühnen Sachsen in Radebeul tummeln würde. Die erste Premiere – sie war für den 5.12.2012 im Tom-Pauls-Theater in Pirna vorgesehen – musste allerdings kurzfristig wegen Erkrankung des Hauptdarstellers ausfallen. So fand die Premiere nun am 8. Dezember 2012 auf der Studiobühne der Landesbühnen Sachsen statt. Unter der Regie von Mario Grünewald. Mit Matthias Nagatis (er war als Ersatz für den erkrankten Holger Thews eingesprungen) als Theodor und viele andere mehr. Mit Marc Schützenhofer als Bernhard und viele andere mehr. Mit Sandra Maria Huimann als unermüdlich an roter Wolle strickendes Fräulein Erna Timm und einige andere mehr. Und letztlich mit der Mitspielbereitschaft des Publikums, das sich in Volkes Rolle durchaus gefiel. Das Publikum sollte nämlich auch an den richtigen Stellen widersprechen; wie bspw. bei der Volkszählung. Dort hatte es mit dem Satz „Du denkst wohl, wir sind deine Schafe!“ unisono zu protestieren.
Das Hüpfen von einer Rolle in die andere gilt bekanntlich in Schauspielerkreisen als besondere Herausforderung. Beim MESSIAS allerdings ist das Tempo der unzähligen Verwandlungen kaum noch zu überblicken. Anders gesagt, es macht selbst dem Zuschauer reichlich Mühe dem rasanten Rollenwechsel überhaupt noch folgen zu können. Denn da sind ja nicht nur Maria und Josef darzustellen, da taucht auch Quirinius (der römische Statthalter in Syrien) auf. Da kommt plötzlich Johannes der Täufer des Wegs daher geschlendert. Da flattert der Erzengel Gabriel vom Himmel herunter und da hört sogar der König Herodes mit gespitztem Ohr hin, was sich in Galiläa tut. Er hört auch mit, wenn Josef seinem Weibe zuflüstert „Maria, ich weiß von dem Baby!“
Kurz und gut; am Ende kommt es natürlich zur Geburt des kleinen Jesus. Nur die Hirten haben noch nicht ganz begriffen, welch gewaltiges Ereignis gerade stattgefunden hat. Sie missverstehen nämlich ihre Aufgabe ausgesprochen gründlich. „Wir soll’n nach Bethlehem gehen, weil dort so’n Messi geboren ist?“
„Der Messias“ wird sein Publikum sicher gut unterhalten. Nur schade, dass zeitgleich in der Landeshauptstadt Dresden etliche MESSIAS – Gastspiele stattfinden. So u.a. auf dem Theaterkahn am Terrassenufer. Eine bessere Abstimmung der regionalen Theatermacher untereinander wäre mitunter bitter notwendig.
Wolfgang Zimmermann