Aus heutiger Sicht kann man einschätzen, dass Oskar Menzel am Anfang des 20. Jh. mit ca. 25 Bauten einen wesentlichen Beitrag zur ohnehin stark ausgeprägten Villenlandschaft der Lößnitz geleistet hat. Seine meist prächtigen Villen, solide gebaut und reizvoll gestaltet, waren auch nach 1989 gut am Markt gehandelte Immobilien! Eine kritische Anmerkung möchte ich mir zu seinen etwas komplizierten Dachlandschaften erlauben: an manchen Rückseiten waren, wie bei der Oberen Bergstraße 16 und beim Augustusweg 44, angehängte Dachschrägen mit verwinkelten Putzzwickeln erforderlich, die sowohl vom Dachdecker, als auch vom Putzer alles abverlangten. Aus dem Grunde wurde beim Augustusweg 44 durch den Bauherrn bei der letzten Sanierung auf der Rückseite eine gestalterische Korrektur gewünscht und ausgeführt.
Wie kam es, dass Oskar Menzel so viele Häuser in den Lößnitzgemeinden entworfen bzw. gebaut hatte? Es ist in Radebeul bekannt, dass es für viele Dresdner Persönlichkeiten reizvoll war, am Ende ihrer beruflichen Laufbahn in Dresden nach Radebeul zu ziehen und hier einen schönen Lebensabend zu verbringen. Offenbar hatte Menzel in Dresden die Bankiers Albert und Max Kuntze und Justizrat Bruno Windisch, die in Radebeul siedeln wollten, kennen gelernt und für sie geplant. Man kann von Mund-zu-Mund-Propaganda für die ersten guten Villen ausgehen und so weitere Menzelentwürfe in Radebeul als folgerichtig benennen. Eine engere Zusammenarbeit pflegte er als Planer etwa von 1903-12 mit der Firma F. W. Eisold als Ausführende. Als Zeichen dieses Zusammenwirkens sind rund um die „Goldene Weintraube“ herum mehrere Häuser nachweisbar. Im Rahmen meiner Recherche habe ich den Eigentümer einer Menzel-Villa und den Mieter einer Wohnung in einem Menzel-Haus in Radebeul gefragt, wie zufrieden sie sind und ob die Villa, bzw. die Wohnung über 100 Jahre nach der Errichtung heute noch gut bewohnbar sind. Bei der Villa, die möglicherweise seine erste Radebeuler Planung war, passt es nicht ganz. Im Hochparterre gibt es auf ca. 120m² nur 3 großbürgerliche Repräsentationsräume, da hätte man jetzt sicherlich 5 oder 6 Räume heutigen Zuschnitts haben können. Die Eingangssituation zur Villa dagegen fällt eher eng aus, dafür erscheint die Terrassentür einschließlich der rahmenden Gestaltung geradezu üppig. Die Mietwohnung in einem Haus von 1908 dagegen hat einen guten Zuschnitt und bietet auch heute noch angenehmes Wohnen, das Klo auf halber Treppe ist längst zur Abstellkammer umfunktioniert worden. Städtebaulich fügen sich seine Bauten in die vorgegebene, offene Bebauung von Ober-, Niederlößnitz oder Serkowitz gut ein. Aufgrund der verstreuten Lage können sie aber meist keine eigene städtebauliche Wirkung erreichen. Vielleicht hatte er in der Zeit vorm 1. Weltkrieg auch einmal vor, selbst nach Radebeul zu ziehen, wir wissen nicht, was dagegen sprach.
1917 entschloss sich der Architekt dann aber nach Loschwitz in die von ihm 1903 geplante und 1904 errichtete, aber bisher nicht zu verkaufende, eigene Villa Robert-Diez-Straße 10 – in der Zwischenzeit waren seine Mieter die Maler Oskar Zwintscher und Hanns Hanner – zu ziehen. Er soll dann selber festgestellt haben, dass diese Villa für eine Familie wohl zu groß angelegt war, weshalb sie nicht so leicht am Markt ging. Aber es müssen doch schöne Jahre in Loschwitz gewesen sein, wie alte Fotos und die lustigen Skizzen des Malerfreundes Georg Erler beweisen. Außer der Porträtplastik von Otto Rost aus Döbeln soll er auch von seinem Loschwitzer Nachbarn Friedrich Press porträtiert worden sein. Die letztere Arbeit konnte ich bei meinen Recherchen leider nicht sehen. Das große Haus wurde dann auch von 1945 bis Mitte der 70-er Jahre von einer Tochter mit vier Kindern bewohnt. Oskar Menzel starb am 7. Mai 1958 fünfundachtzigjährig überraschend in seinem Grundstück und wurde auf dem Loschwitzer Friedhof unter einer von ihm entworfenen Grabplatte begraben.
Für die freundliche Unterstützung meiner Recherchen danke ich besonders Frau Sabine Schäfer (Coswig) und Herrn Hans-Christoph Müller (Radebeul), beide Kinder der Menzel-Tochter Barbara und somit Enkel von Oskar Menzel.
Radebeuler Häuser, die Oskar Menzels „Handschrift“ tragen (chronologisch geordnet,
mit aktuellen Adressen, Jahreszahlen entspr. der Radebeuler Denkmaltopographie, alle Adressen sind Kulturdenkmale):
Jagdweg 6, 1897/98
Eduard-Bilz-Straße 49, 1898, prägender Umbau
Augustusweg 44, 1900
Obere Bergstraße 14 u. 16, 1900/01
Schillerstraße 18, 1900/01, Menzel zugeschrieben
Augustusweg 92, 1901/03, prägender Umbau
Augustusweg 77, 1902
Pestalozzistraße 23, 1902, Menzel zugeschrieben
Wasastraße 38, 1902/03
Pestalozzistraße 21, 1903
Roseggerstraße 8, 1903
Wichernstraße 7, 1903, Menzel zugeschrieben
Clara-Zetkin-Straße 12, 1903/05, Menzel zugeschrieben
Dr.-Külz-Straße 25, 1905, A. Neumann unterschrieben, jedoch Menzel als Entwerfer
vermutet
Eduard-Bilz-Straße 23, 1905/06, Steinmetz angegeben, jedoch Menzel als Entwerfer
vermutet
Roseggerstraße 4, 1906
Eduard-Bilz-Straße 18, 1906, nur rückwärtiger Anbau
Roseggerstraße 3, 1907/08
Augustusweg 105, 1907/08
Hauptstraße 25/27, 1908
Haidebergstraße 36, 1908/09
Roseggerstraße 5, 1909
Körnerweg 3, 1911
Straße des Friedens 60, 1912
Weintraubenstraße 5, 1912
Moritzburger Straße 41, 1922, nur Veranda
Dietrich Lohse
Literatur:
1. „Symbol und Wahrhaftigkeit – Reformbaukunst in Dresden“, U. Hübner, U.
Grötzsch, G. Klatte, B. Sterra, Verlag der Kunst Dresden, 2005
2. „Denkmaltopographie BRD / Denkmale in Sachsen / Stadt Radebeul“, Volker
Helas, Mitwirkung Michael Müller und Mathis Nitzsche, Sax Verlag, 2007
3. „Die Dresdner Frauenkirche – von den Anfängen bis zur Gegenwart, ein
chronologischer Abriss“, Gesellschaft zur Förderung des Wiederaufbaus der
Frauenkirche Dresden e.V., 2007
4. „Auf den Spuren der Gebr. Ziller in Radebeul“, Markus u. Thilo Hänsel,
Notschriftenverlag Radebeul, 2008
2 Kommentare
Es ist schön, bilder und Artikel von meinen Kindheitszuhause bis zum Verkauf im Jahre 1995 zu lesen. Es waren die schönsten Jahre in meinem Leben…. Ich hoffe ich bekomme, mehr Details, bilder, Artikel über ,,mein“ geburtshaus.
Mfg Robert windisch
(enkel von Ulrich u charrlotte windisch
Sohn von Sabine windisch)
Ich freue mich immer wenn ich Bilder von meinem Elternhaus sehen kann. Das Haus war von 1902 -1995 in unserem Besitz. Würde mich freuen über mehr Einzelheiten und Bilder von innen und Garten.