Das Fasanenschlösschen (fast) komplett
Nach der umfassenden, vor allem baulichen Sanierung des um 1770/80 erbauten Fasanenschlösschens von 1997 bis 2007 wurden im April dieses Jahres bisher nicht vollständig rekonstruierte Räume der Öffentlichkeit präsentiert.
Mit finanzieller Hilfe des international agierenden World Monument Fund (WMF) – nicht zu verwechseln mit einer bekannten Besteckfirma, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung (OSS) und, natürlich, des Freistaates Sachsen, als Besitzer der Liegenschaft, konnten drei weitere Räume des Erdgeschosses hinsichtlich eines nunmehr kompletten Raumschmuckes übergeben werden.
Es handelt sich um die Wandbekleidungen, historisch genannt „Tapeten“, des Toilettenzimmers des Kurfürsten, dem Enkel Augusts des Starken sowie des Schlafzimmers, was nach der Hofberichterstattung niemals, höchstens zur Mittagsruhe benutzt wurde – mehr Zeit blieb beim Aufenthalt im Fasanenschlösschen nicht. Diese Räume wurden mit einer Strohtapete in Kombination mit dazwischen eingearbeiteten Glasperlen bzw. mit einer Federtapete geschmückt, deren Reste sich mehr oder weniger erhalten hatten und somit für Restauratoren und Denkmalpfleger eine gute Grundlage für eine Aufarbeitung bzw. eine Rekonstruktion boten.
Im Unterschied zum Federzimmer im Schloss Moritzburg handelt es sich bei dem im Fasanenschlösschen um Federn ausschließlich einheimischer Vögel, vorzugsweise um Enten, Gänse und Fasane aus der Züchtung unmittelbar neben dem Schlösschen. Das Chinesische Eckkabinett war hinsichtlich seiner historischen Wanddekoration lediglich durch Schwarzweiß-Fotos aus den 30iger Jahren dokumentiert. Diese Fotos bildeten die Grundlage für eine detaillierte Nachempfindung von Motiven und Farbigkeit. Auf Grund dessen, dass die chinoise Bildstickerei ein Nachvollziehen einer ursprünglichen Schöpfung darstellt, wurde der Versuch unternommen, abweichend von der ursprünglichen Ausführung als Handstickerei, quasi „moderne Technik“ einzusetzen und die Nachschöpfung als computergestützte Maschinenstickerei ausführen zu lassen – und: das Ergebnis ist umwerfend.
Das Fasanenschlösschen mit seinen exklusiven Ausstattungen ist ein außerordentliches, hervorragendes Zeugnis alter Handwerkskünste. Die Wiederherstellung der genannten drei Räume ist ein weiterer Schritt für eine Komplett-Ausstattung des gesamten Hauses. Leider lassen sich der hochinteressante Gesamtprozess der Wiederherstellung sowie die Wirkung der fertiggestellten Exponate auf den Besucher nicht tiefgreifend beschreiben. Schon aus diesen Gründen ist ein Besuch des Hauses sehr zu empfehlen, um sich selbst ein Bild von der Pracht machen zu können.
Nun zu dem „fast“ aus der Überschrift:
Ein letzter Raum, das sogenannte Adjutanten-Zimmer, links neben dem Zugang gelegen, harrt weiterhin auf seinen Wandschmuck. Reste einer ehemaligen Tapete hatten sich nicht erhalten. Nach sorgfältiger Suche fand man in Pillnitz im Bestand des Kunstgewerbemuseums eine Rokoko-Stickerei, als Tambour-Stickerei ausgeführt, welches hinsichtlich Materialität, Ausführung und Farbigkeit für die Raumwirkung eine ideale Ergänzung darstellen könnte. Allerdings konnte der Findungsprozess in Bezug auf eine technische Ausführung der Rekonstruktion dieser Stickerei noch nicht abgeschlossen werden. Die Lösung der noch anstehenden Probleme ist jedoch in Arbeit.
Nachbemerkung:
Ein weiteres „fast“ bezieht sich auf die Wiederaufsetzung der Mandarin-Gruppe auf dem Dachfirst des Fasanenschlösschens. Diese Figurengruppe musste auf Grund von Sturmeinwirkungen im vergangenen Sommer aus Sicherheitsgründen abgenommen werden und befindet sich derzeit in der Vorbereitungsphase ihrer Wiederherstellung und damit zur Komplettierung der „Inszenierung des Paradieses in der Nussschale“.
Dr. Dietmar Kunze
Fotos
Foto 01 – Chinoise Stickereien während der Anbringung
Foto 02 – Detail der Federtapete
© Fotos Kunze-Zerjatke freie architekten