Premiere der schrillen französischen Komödie „Der Vorname“ an den Landesbühnen Sachsen
Manchmal sagt eine Wohnungseinrichtung sehr viel über deren Bewohner aus. Bei Elisabeth und Pierre Garaud aber scheint so eine Zuordnung schwierig. Oder anders gesagt, jeder der beiden hat seins dazu getan. In einer mit Wissen (Bücher; CD’s etc.) vollgestopften und dennoch ausgesprochen gemütlich wirkenden guten Stube (Ausstattung: Stefan Wiel) erwarten Hausherrin Elisabeth (Sophie Lüpfert) und Hausherr Pierre (Michael Berndt) ihre Gäste zum gemeinsamen Abendessen. In der Runde versammelt sind schließlich der Makler Vincent Larchet (Grian Duesberg), Bruder der Hausherrin und ein Jugendfreund ihres Mannes, der Hausherr selbst als der etwas linksorientierte Literaturprofessor Pierre Garaud (Michael Berndt) nebst der schwangeren Modedesignerin Anna Caravati (Julia Rani), der Lebensgefährtin von Vincent, die aber verspätet eintrifft. Nicht zuletzt sitzt mit Claude Catignol (René Geisler) auch noch Elisabeths einstiger Jugendfreund mit am Tisch.
Man trinkt, man isst und man übt sich mit witzigen Anspielungen in locker leichter Konversation. Doch was anfangs noch einen geradezu idyllischen Anschein hat, läuft schon bald gewaltig aus dem Ruder. Nämlich dann, als Vincent mit ernster Miene verkündet, dass er seinem Spross den Namen Adolf geben wird. Danach ist es in der Runde zunächst erst einmal totenstill, dann aber bricht (vor allem bei Pierre Garaud) ein wahrer Sturm der Entrüstung los. Das dauert. Zumindest solange, bis Pierre Vincent an den Kopf wirft „Du glaubst doch nicht, das Adolf Adolf war, weil er Adolf hieß!“ Und bis man andere Namensvorschläge parat hat; wie z.B. Josef, Armin oder sogar Bin Laden!
Hausherrin Elisabeth – ihr Kosename lautet Babou – möchte vom strittigen Thema ablenken und merkt nicht, dass sie gerade damit weiteres Öl ins Feuer gießt. Denn sie weiß es ja, ihr Bruder Vincent steht im Ruf, ein gnadenloser Zyniker zu sein. Der merkt schon bald, welchen Fauxpas er sich da geleistet hat, doch zurückstecken will er nicht. Ergo versucht er mit einer Art halbherziger Entschuldigung („ich wollte doch nur witzig sein!) abzulenken und glaubt, in Claude – dem Jugendfreund von Elisabeth – einen Blitzableiter gefunden zu haben. Doch der sorgt – etwa zur Halbzeit der Aufführung – für einen Paukenschlag, der alles noch einmal auf den Kopf stellt. Denn Claude, von dem alle – allein schon wegen seines Spitznamens „Die Pflaume“ – meinen, er neige eher zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen, offenbart seine diesbezügliche aktuelle Verbindung. Diese in einer Rezension nun aber zu verraten wäre, als ob man die Pointe eines Witzes an dessen Anfang setze.
Sehenswert aber ist diese von Dietrich Kunze in Szene gesetzte theatralische Farce (Autoren: Matthieu Delaparte/Alexandre de la Patellerie) auf jeden Fall. Allein schon deshalb, weil alle fünf Akteure ihre Emotionen, ihre jeweilige Haltung wie auch all ihre Verletzlichkeiten absolut glaubhaft spielen. Und weil der Spielort – die Studiobühne – eine unmittlbare Nähe zum Publikum nicht erst aufbauen muss. Ernüchtert schauen am Ende alle auf den emotionalen Scherbenhaufen, den sie angerichtet haben. Da ist dann gefühlt auch der Punkt erreicht, wo die Komödie auf der Strecke bleibt bzw. sich zu einer handfesten Tragödie auswächst.
Wolfgang Zimmermann
Die nächsten Aufführungstermine: 8. und 11.Mai 2014, jeweils 20.00 Uhr auf der Studiobühne