Offener Brief an einen würdigen Adressaten
Lieber Dietz,
um es gleich vorwegzunehmen: Ja, ich weiß, dass es Dir gar nicht recht ist, diesen offenen Geburtstagsbrief an Dich hier in „Vorschau & Rückblick“ abgedruckt zu sehen, denn Du nimmst Dich gern zurück. Deine Verdienste gelten Dir wenig, weshalb Du nicht gern im Mittelpunkt stehst. Du wirst mich spätestens bei der nächsten Redaktionssitzung Anfang Januar dafür tadeln, dass ich Dir auf diese Weise zum 70. Geburtstag gratuliere und mit Bestimmtheit darauf beharren, dass Du eine solche öffentliche Würdigung gar nicht verdient hast.
Doch, lieber Dietz, das hast Du.
Aber bitte: blättere doch einfach weiter, wenn Du’s nicht ertragen kannst zu lesen, was unsere Leser über Dich und Deine besondere Bindung an unser Monatsheft erfahren sollen. Du kennst Dich ja ohnehin selbst am besten, brauchst nicht mich dazu.
(Du liest ja doch weiter!!)
Weißt Du, lieber Dietz, eines hast Du uns allen uneinholbar voraus: Du bist der einzige, dessen Name bereits in unserer Vorgängerzeitschrift, in der „Vorschau“ der 50er/60er Jahre erscheint. Du staunst? Oder wusstest Du’s doch schon? Im Heft 5/1963 – zu der Zeit machtest Du gerade Dein Abitur an der Radebeuler Erweiterten Oberschule – wirst Du im Beitrag von Ulrich Patitz „Aus dem Kulturleben der Stadt Radebeul“ lobend als zweiter Preisträger eines öffentlichen Rezitatorenwettbewerbs erwähnt. Besonders hervorhebenswert fand der Autor, dass unter den 23 Teilnehmern nur vier junge Männer waren, und Du warst einer davon. Hast Du damals eigentlich „Die Vorschau“ gelesen?
Die geschichtlichen und biographischen Wechselfälle Deines Lebens wollten es, dass genau 27 Jahre nach dieser Ersterwähnung der Name „Dietrich Lohse“ abermals in einem Radebeuler Monatsheft auftauchte. Im ersten Heft der neu gegründeten „Vorschau und Rückblick“ vom Mai 1990 verfasstest Du den kurzen Begleittext zur Titelbildgrafik von Thilo Hänsel. Erinnerst Du Dich? Es ging um das Bennoschlößchen. Damals konntest Du nicht ahnen, dass im Laufe der folgenden gut 24 Jahre aus Deiner Feder grob überschlagen mehr als 350 Beiträge (im ersten Jahrzehnt waren es allein ca. 180!) für unser Monatsheft entstehen würden. Anders gesagt heißt das: im Durchschnitt hast Du für jedes unserer seit Frühjahr 1990 erschienen Hefte einen Text verfasst, was nicht nur für Deine bemerkenswerte Verlässlichkeit und Dein erstaunliches Engagement spricht, sondern bei näherem Hinsehen auch für die Breite Deines Interesses an Themen ganz unterschiedlicher Art, die alle in irgendeiner Weise mit Deinem von Dir geliebten Radebeul und dessen Umgebung zu tun haben. Zwar hast Du im Laufe der zweieinhalb Jahrzehnte ganz eindeutig Deinen Schwerpunkt auf architektonische, baugeschichtliche und städtebauliche Themen gesetzt, aber dazu kommen Porträts bedeutender Persönlichkeiten, Rezensionen und Glossen, Artikel zu Vereinen und zum Weinbau, ja selbst Einlassungen zu Pflanzen und industriegeschichtlichen Aspekten unserer Region. Ganz zu schweigen von den erläuternden Texten zu den Titelbildern vieler Jahrgänge. Und von den ungezählten Fotos, die Du auf Deinen ausgedehnten Gängen durchs Gelände der Gemeinde gemacht und für das Heft zur Verfügung gestellt hast, will ich auch nicht weiter schreiben. Ich untertreibe also nicht wenn ich sage, dass Du mit Wolfgang Zimmermann zusammen ganz maßgeblich „Vorschau & Rückblick“ über all die Jahre geprägt hast, weshalb der kontinuierlich erfreuliche Zuspruch unserer Leserschaft auch auf den hohen Anspruch an Geist und Gestalt zurückzuführen ist, auf dem Deine Texte gründen. Dafür gebührt Dir ein großes Dankeschön!
Lieber Dietz, erlaube mir zum Schluss noch einen ganz persönlichen Dank. Ist Dir eigentlich bewusst, dass ich ohne Dein Zutun gar nicht zur Redaktion gehören würde? Damals, vor gut 20 Jahren, hast Du mich „geworben“, hast mich über Deinen Sohn angefragt, ob ich nicht Lust auf Mitarbeit an diesem Heft hätte, welches ich bis dato gar nicht kannte. Am 24. April 1994 durfte ich dann – mit dem Segen der Redaktion und Dieter Malschewskis – zur Premiere von „Der Besuch der alten Dame“ in die Landesbühnen gehen und danach meine erste Rezension schreiben. Vieles hätte ich seither verpasst, manches wäre mir unentdeckt geblieben, was mir erst die Mitwirkung bei „Vorschau & Rückblick“ ermöglicht hat.
Lieber Dietz, wir gratulieren Dir sehr herzlich zum Geburtstag und wünschen Dir vor allem Gesundheit und ein froh gestimmtes Gemüt! Bitte bleibe uns auch im neuen Lebensjahrzehnt ein treuer Mitstreiter, Autor und Freund! Und vielleicht gelingt es Dir, wenigstens einmal so richtig stolz auf Dich zu sein – Du hast es Dir wirklich verdient!
Herzlich grüßt Dich
Bertram
(im Namen von allen anderen Redaktionsmitgliedern sowie Sascha Graedtke und Antje Herrmann)