Interessiert schaue ich mir die fotografische Sammlung von Gartenlauben an die Thilo äansel, ein Freund und Kollege, im Jahre 1974 zusammengestellt hatte. In diesen 20 Jahren ist etwa die Hälfte der damals im Bild festgehaltenen Lauben eingefallen, abgerissen und, wenn es Holz war, verheizt worden: Am Jacobstein 3. Gutenbergstr. 2, Ledenweg 32, Pestalozzistr. 16, Rennerbergstr. 7. Wasastr. 49 und Weinbergstr. 26, um nur einige zu nennen.
Man müsste über diese kleinen, aber für Radebeul doch so typischen Bauwerke etwas notieren, solange noch ein paar davon stehen, was ich übrigens schon lange vorhatte: Interesse wecken, Denkanstöße geben und vielleicht ein paar ins 21. Jahrhundert hinüberretten.
Die Idee der Gartenlaube war bereits vor der Zeit des gehäuften Auftretens von Lauben in Radebeul bekannt – die zwei Gartenlauben im Grundhof durften wohl auch im 18. Jahrhundert errichtet worden sein. Im Zeitalter der Empfindsamkeit finden wir in Parkanlagen des Adels, wie z.B, im Seifersdorfer Tal, Rindenhütten und künstliche Grotten. Man kann aber auch an einigen Lauben stilistische Anleihen bei fernöstlicher Kultur erkennen.
Zwischen 1870 und 1910 erlebten die Lößnitzgemeinden einen erheblichen Bevölkerungsschwach. Große Ländereien (nach der Reblauskatastrophe auch Weinberge) wurden parzelliert, Einfamilienhäuser, Villen oder Mietvillen auf Grundstücken um 1000 qm gebaut, So entstanden viele Gärten, kleiner als die Parks der Weingüter oder Herrensitze, aber mit soviel Grün, dass man Radebeul als Gartenstadt bezeichnete, wobei Radebeul einen nur wenig mit der bekannten Gartenstadt Hellerau vergleichbaren Charakter hat.
Der „Boom“ der Gartenlauben war also eine Folge des allgemeinen Bau- Booms in den Radebeuler Ortsteilen, besonders in Ober- und Niederlößnitz, Hinzu kommt, dass in der Lößnitz bevorzugt Pensionäre des gehobenen Mittelstandes, der bürgerlichen Oberschicht bzw., des Adels siedelten; Leute also, die außer dem nötigen Geld auch über entsprechende Freizeit verfügten, um solche Gartenlauben zu nutzen, Ähnliche Entwicklerlungen wie in Radebeul lassen sich u a, in Blasewitz oder Klotzsche nachweisen – in Arbeitervorstädten wird man Gartenlauben vergeblich suchen. Die Lauben waren in ihrer Blütezeit und jeweils während des Sommerhalbjahres Orte der Begegnung mit Freunden und Nachbarn – Gelegenheiten zum Feiern, für Unterhaltung, Klatsch und Zweisamkeit (von letzterem leitet sich die Spezies Liebeslaube ab). Einige Grundstücke, wie Paradiesstr, 36, haben sogar zwei Lauben. Häufig gewählter Standort der Lauben waren erhöhte Plätze hinter der Zaunflucht bzw. an den Ecken des Grundstückes – nach dem Motto. Sehen und Gesehen werden! (Es gab schließlich noch kein Fernsehen.) Diese sogenannten Anhöhen, mit oder ohne Laube, waren künstliche Aufschüttungen, Auf angefallenen Bauschutt kamen nicht mehr benötigte Aushubmassen der Villa An den Böschungen wurden gern Steingarten angelegt. Diese Lage einer Laube hat etwas von Ausguck oder Beobachtungsposten – schau mal, die Älteste von Major Maier-Hinkelstein hat schon wieder einen neuen Hut!
(Fortsetzung folgt)
Dietrich Lohse