Im Gespräch mit der Malerin und Grafikerin Bärbel Kuntsche

Bärbel Kuntsche wurde 1939 in Weißenborn, einem kleinen Dorf bei Freiberg, geboren. Nach Dresden kam die Familie um 1950. Als Vierzehnjährige schaute sie auf die Brühlsche Terrasse zur Kunstakademie und dachte, da möchtest du auch mal sein. Doch zunächst ließ sich Bärbel Kuntsche in Meißen zur „Kunstporzellanmalerin“ ausbilden. „Man sagte uns immer, Porzellanmaler gibt es auf der ganzen Weit, aber “Kunstporzellanmaler” nur in Meißen.“ Die Manufaktur verließ sie 1962, um an der Dresdner Kunsthochschule Malerei und Grafik zu studieren. Zu ihren Lehrern gehörte u.a. Prof. Rudolf Bergander, den sie als Pädagogen sehr schätzte. Arbeiten ihrer Kommilitonen interessierten sie ebenso wie die Werke namhafter Künstler. Die Franzosen Braque, Leger, Picasso, die frühen Arbeiten von Kokoschka, die Nachimpressionisten, die Expressionisten oder Mondrian, Klee und Kandinski wurden für die Studentin zu einer Entdeckung. „Man wollte modern sein ohne diese Künstler nachzuäffen. Bücher besorgte man sich auf Umwegen. Sartre, Hesse, Rolland, das war Pflichtlektüre in der Jugendzeit. „Über Rilke, den worpsweder Künstlerkreis stieß sie auf Paula Modersohn-Becker, die für das weitere Schaffen von Bärbel Kuntsche richtungsweisend werden sollte.
Sehr zeitig lernte sie Claus Weidensdorfer, Peter Kaiser, Max Uhlig, Sybille und Horst Leiter, Christiane und Gunter Herrmann, Ute und Werner Wittig kennen. Man feierte zusammen Feste, man ging gemeinsam in Ausstellungen. Bärbel Kuntsche erinnert sich an Begegnungen mit Hans Theo Richter, Wilhelm Rudolph, Theodor Rosenhauer, Hans Jüchser und Kurt Querner. „Man suchte das Gespräch mit denen, deren Kunst man schätzte und wollte dahintergucken, warum sie so gute Bilder malen …. Mit Künstlerfreunden waren wir sehr oft bei Otto Niemeyer-Holstein auf Usedom. Dort habe ich ihm auch Modell gesessen.“ Zu ihrem Selbstverständnis als Künstlerin äußerte sie: „Die Frage, was Kunst ist, läßt sich nicht beantworten, natürlich gibt es Regeln und Gesetzmäßigkeiten. Aber alles ist im Wandel. Ich bin immer von meiner eigenen Person ausgegangen, das auszudrücken, was man in sich hat. Das war vor 1989 nicht anders als jetzt. Ich arbeite eher aus der Empfindung heraus … Bilder werden selten schnell beendet und oftmals wieder hervorgeholt und übermalt. Es ist sehr kompliziert, Empfindungen in eine Form zu bringen und mit Farben auszudrücken … Trost, Verzweiflung, Liebe, Tod, alles was Leben bedeutet … Bildwerke von anderen Künstlern betrachte ich auch mit diesen Augen.

Toskanische Landschaft, 1995, Offsetlithographie, handcoloriert

Bärbel Kuntsche findet ihre Themen im Bereich der Familie und der näheren Umgebung. Neben den Stillleben, Landschaften, Porträts und figürlichen Darstellungen sind wohl an erster Stelle die Selbstbildnisse zu nennen. „Selbst bin ich das geduldigste Modell.“ Ihre Bilder sind von einer stumpfen und verhaltenen Farbigkeit. Ihre flächige, großzügige Gestaltungsweise steht im Gegensatz zu ihrer Tätigkeit als ehemalige Porzellanmalerin. Auf graphischem Gebiet beschäftigt sie sich hauptsächlich mit dem Holzschnitt und der Lithographie. Radierungen bilden eher die Ausnahme. Technische Perfektion liegt ihr fern. Häufig schafft sie mit der Grafik die Voraussetzung für eine Bildgestaltung. Daß Bärbel Kuntsche in Radebeul lebt, ist kein Zufall – die Eltern wohnten inzwischen hier. Sie suchte sich in der Lößnitzstadt eine Bleibe, damit sie nach dem Studium nicht weg mußte von Dresden, der Kunstmetropole, denn hier sind ihre wichtigen Anlaufpunkte, sind ihre Freunde. Bärbel Kuntsche heiratete 1966 den Bildhauer Wolf-Eike Kuntsche. „Mein Mann ist ein spannender Kritiker. Wir kommen immer wieder miteinander ins Gespräch. Aber manchmal Verstecke ich auch meine Bilder, wenn ich noch nicht genügend Distanz dazu habe.“ Bärbel Kuntsche gehört zu den Mitbegründerinnen der Dresdner Sezession 89, einem Verein von Künstlerinnen, der in diesem Jahr auf sein 10iähriges Bestehen zurückblickt. Als eine Art Quereinsteigerin arbeitete sie von 1991 – 1997 im Dresdner Kulturamt. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten u.a. die

Ohne Titel, 1990, Offsetlithographie

Künstlerförderung und Kunst im öffentlichen Raum. „Während der Zeit im Kulturamt habe ich gelernt, jede freie Minute zu nutzen, um mich mit Kunst zu beschäftigen. Ich habe trainiert, das alles im Kopf zu speichern. Ich machte unentwegt Skizzen und im Urlaub oder am Wochenende habe ich dann alles herausgemalt … Meine ersten Reisen nach der Wende erfüllten, nein übertrafen meine Erwartungen. Besonders die Toskana und die Provence! Da waren die Farben, das Licht, die Architektur. diese Lebensart, dieses Neapelgelb. dieses Grün … Da habe ich noch einiges vor …

Seit 1998 arbeitet Bärbel Kuntsche wieder freischaffend als Malerin und Grafikerin. Aus Anlaß ihres 60. Geburtstages wird in der Stadtgalerie bis zum 30. Dezember eine Personalausstellung gezeigt. Am 3. Dezember bietet sich ab 19.30 Uhr Gelegenheit, dieses Gespräch mit der Künstlerin fortzusetzen.

Karin Gerhardt

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