Was uns Häusernamen sagen können (Teil 2)

Nach den allgemeinen Betrachtungen zum Thema Villennamen in Radebeul im Märzheft von Vorschau und Rückblick sollen diesmal einige der Aufschriften in Bild und Text vorgestellt werden. Aus Platzgründen war eine Auswahl nötig. Die Reihenfolge ergab sich eher zufällig, auch wenn ein mit »A« beginnendes Beispiel am Anfang steht.


»Amicitiae.« (Moritzburger Str. 50): Der Bauherr der kleinen, 1899 erbauten Villa wollte offenbar über die lateinische Sprache seine Gefühle mitteilen – Amicitiae wäre mit »der Freundschaft« zu übersetzen. Auch hier finden wir die Mode mit dem Punkt am Schluss. Wie sich der Inhalt der Schrift mit dem darüber befindlichen Geweih und dem Hubertussymbol vereinbart, bleibt das Geheimnis des Bauherrn Karl Heinrich Claus.

»Villa Carola.« (C.-Zetkin-Str. 20): An der 1902 von Architekt Carl Käfer entworfenen Mietvilla aus Klinkern und Sandsteindetails prangt der Name »Villa Carola« mit Punkt. Die Schrift auf Sandstein könnte früher, wie beim Nachbarhaus »Villa Martha« noch zu erkennen, vergoldet gewesen sein. Die durch Jugendstileinfluss gespreizt wirkenden Buchstaben entfernen sich etwas von der Klarheit der Antiqua. Auf wen sich der Name Carola bezieht, blieb bisher offen.

»Saxonia« (Meißner Str. 241): Seit 1875 zeigt die spätklassizistische Mietvilla stolz den Namen Saxonia über dem 1. OG. Das Bekenntnis zu Sachsen gehört somit zur Gruppe der geografischen Namen. Hier wurden große und kleine Metallbuchstaben auf Putz oder Sandstein montiert.

»Villa Sancerre« (Rennerbergstr. 11): Diese Schrift gehört auch zur Gruppe mit geografischer Aussage. Vor der Sanierung war die um 1900 erbaute Villa namenlos. Der zugereiste Bauherr wünschte 1994 im Rahmen der Sanierung den o. g. Namen, der sich auf die französische Stadt an der Loire bezieht, wo wie in Radebeul auch Wein angebaut wird. Die gebrochene Schrift ist etwas schwer lesbar. Auch die Bearbeiter der Radebeuler Denkmaltopographie hatten da ihre Probleme, der Name wird dort zu »Villa Saurerre« verballhornt.

»Villa Lindeberg« (K.-May-Str. 1): Die neuere, ca. 2003 aufgemalte Schrift am Eckbalkon der Mietvilla erinnert an den schwedischen Maler und Grafiker Carl Lindeberg (1876-1961), der von 1907 bis 1945 hier wohnte. Er hat u. a. die Titelbilder von Karl-May-Büchern gestaltet. Die Schrift wirkt hier in den Straßenraum der Kreuzung Schildenstraße/ Karl-May-Straße.

»Deutsches Haus« (Lößnitzstr. 4): Der Name des 1875 errichteten Hauses stand für ein Lokal, das ab 1910 zugleich Sitz der Turngemeinde Kötzschenbroda-Niederlößnitz war. 1921 wurde die Gaststätte geschlossen und in ein Wohnhaus umgewandelt. Der in den Putz eingelassene Name in typischer Jugendstilschrift hat sich aber über mehrere Sanierungen hinweg an der Fassade erhalten.

»Villa Elisa« (Borstr. 19): Die Gebr. Ziller errichteten 1878 diese Villa mit portalartiger Pforte in der Einfriedungsmauer. Welche Gründe es gab, den Namen in den Sandstein der Pforte zu meißeln und nicht am Haus selbst darzustellen, bleibt unklar. Die Pforte wurde 2002 teilerneuert, der Name wurde beibehalten.

»Landhaus Käthe.« (Zillerstr. 10): Das seit 1874 bestehende Gebäude (Gebr. Ziller) trägt erst seit 1913 den o. g. Namen, der sich auf die Ehefrau des zweiten Hauseigentümers bezieht. Die jetzigen Eigentümer ließ 1992 den Hausnamen durch den Radebeuler Maler Pit Müller restaurieren. Die auf Putz gemalte zweifarbige Schrift zeigt noch Nachklänge des Jugendstils. Das Zierelement darüber gehört nicht zum Hausnamen, es ist Teil einer schmiedeeisernen Fahnenstangenhalterung.

»Villa Franziska« (Hoflößnitzstr. 58): 1905 gab der Bauherr Heinrich Schürer dem Architekten Paul Ziller den Auftrag, eine Villa zu errichten. Das Interessante bei dem hier am Giebel angebrachten Hausnamen ist, dass er zweigeteilt wurde, wobei zwei junge, in der damaligen Mode gekleidete Damen die Spruchbänder halten – eine schöne Arbeit des Jugendstils. Nach der kürzlich erfolgten Sanierung der Villa kommt auch der Name besser zur Geltung.

»Berghäus’l« (Am Goldenen Wagen 16): Der in der Giebelspitze befindliche Name passt zu dem kleinen, holzverkleideten Landhaus (1912) am Hang. Hier wird durch eine auf ein rustikales Brett gemalte Schrift ein etwas sentimentales Gefühl zum Ausdruck gebracht.

»Villa ›Shatterhand.‹« (K.-May-Str. 5): Wie in vielen anderen Fällen bauten die Gebr. Ziller 1894 eine Mietvilla ohne Bauherrn, also auf eigene Kosten. Erst als der Schriftsteller Karl May diese 1896 kaufte, wurden auf seinen Wunsch hin die goldenen Lettern samt Punkt unter dem Traufgesims angebracht.

»Villa Friedensreich« (Winzerstr. 73): Die Idee für den Namen, eine Reverenz an Friedensreich Hundertwasser, hatte die kunstinteressierte heutige Eigentümerin der im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts entstandenen und 2007 aufwändig sanierten Mietvilla.

»Villa Bohemia« (Dr.-R.-Friedrichs-Str. 13): Ursprünglich trug die 1893 erbaute Mietvilla den Namen »Villa Augusta«. Wie er angebracht war und bis wann, ist nicht bekannt. Das Haus wurde 1994 umgebaut und saniert. Bei der Gelegenheit erhielt es seinen heutigen Namen, ein Bezug der aktuellen Eigentümerin zu ihrer tschechischen Heimat.

(Schluss folgt.)

Dietrich Lohse

[V&R 4/2010, S. 2-5]

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