850 Jahre Weinbau in Sachsen! Ein Jahr großer Feste und Feierlichkeiten geht seinem Ende entgegen. Während die Anfänge der ersten Rebpflanzungen im Elbtal weitgehend im Dunkeln liegen, so lassen spätere Quellen und Artefakte erahnen, wie stilprägend die Rebkultur auf dieses Stückchen Elbtal schon lange wirkt. Es ist heute kaum vorstellbar, welches Bild unsere Heimatstadt noch vor zwei Jahrhunderten bot. Wo sich villenbestückte Parzellierungen auf gerastertem Straßennetz reihen, waren einst ausgedehnte Weinfelder, die sich von den Terrassen herab bis an die Höfe von Kötzschenbroda zogen. Die tiefen Kellergewölbe künden dort und in den versprengten Winzerhäusern der Lößnitz noch immer von der Lagerung des eingefahrenen Rebensaftes.
Nach Einbruch des sächsischen Weinbaus infolge der Reblauskatastrophe an der Wende des letzten Jahrhunderts, dem neuerlichen Aufbruch und schließlich eher traditionsfeindlichen Weinbetrieb zu DDR-Zeiten, erlebte die hiesige Weinkultur seit den Nachwendejahren eine wahre Renaissance. Große und kleine Weingüter zeugen mit einer breitgefächerten Stilistik von individuellen Winzern und charaktereigenen Weinen.
Der Maler Moritz Retzsch hat mit seinem 1840 bebilderten „Winzerumzug“ so ein eindrucksvolles Bild für das kulturelle Gedächtnis der Stadt geschaffen. Das diesjährige runde Jubiläum motivierte die Betreiber von „Schloss Hoflößnitz“ nun gar zu dem kühnen Unterfangen, das historische Vorbild weitgehend originalgetreu nachzustellen. Und tatsächlich: Am 9. Oktober zogen bei durchmischtem Herbstwetter mit Glühweintemperatur kostümierte Winzer, Handwerker und Musiker durch Radebeuler Straßen. Im Zentrum des bunten Treibens thronte Weingott Bacchus auf einem reich geschmückten Triumphwagen.
Unüberschaubare Menschen-„trauben“ drängten sich an Straßenrändern und schließlich im Hofe der Hoflößnitz. Es ist nicht bekannt, wann es dies so jemals schon gegeben hatte. Obgleich die Organisatoren sich mit den aufgestellten Weinbuden gut gerüstet sahen, hatten sie einen derartigen Ansturm wohl kaum erwartet. Dann ist ihnen aber immerhin das Ansinnen des Festes von 1840 gelungen: Die Zusammenführung von Menschen unterschiedlichster Berufungen, und dem Wein und Weinbau, in all seinen Facetten, mit Dank und Freude zu huldigen.
Den Überlieferungen zufolge soll das 1840er Weinjahr in Sachsen, im Gegensatz zum zelebrierten Festcharakter, eher mäßig gewesen sein. 2011, nach zwei durchaus schwierigen Weinlesen, sehen die Winzer indess in Menge und Qualität einem Jahrgang entgegen, von welchem noch in vorgerückten Zeiten zu sprechen sein wird.