Tom Quaas inszenierte die Story der Florence Foster Jenkins an den Landesbühnen Sachsen
Es hätte ein ganz wunderbares Vergnügen sein können. Ein Abend, den man lange in Erinnerung behält. Kurz; ein Theatererlebnis der ganz besonderen Art. Das die Premiere von „Glorious“ am Abend des 4. Februar diese Wirkung nicht erreichte – oder besser gesagt: gar nicht erreichen konnte – lag allerdings nicht an den Darstellern, sondern eindeutig an der farb- und kraftlosen Inszenierung selbst. Noch eine Woche zuvor gab es in der Matinee zur Premiere herzlichen Applaus für den einstündigen biografischen Querschnitt zu der skurrilen Karriere von Florence Foster Jenkins, die es wirklich gab und die als „schlimmste Sängerin der Welt“ in die Theatergeschichte einging. Ausgestattet mit einem grenzenlosen Selbstbewusstsein zuzüglich eines üppigen finanziellen Erbes und geleitet von einer leidenschaftlichen Liebe zur Musik, ließ Florence Foster Jenkins nichts unversucht, die Menschen mit ihrer Musik zu beglücken. Sie glaubte fest an das eigene Talent und sie merkte nicht, dass man vor allem in ihre Konzerte kam um über sie zu lachen. Das gipfelte schließlich in einem restlos ausverkauften Konzert im Oktober 1944 in der renommierten Carnegie Hall. Zum Zeitpunkt dieses – ihres größten Erfolges – hatte Florence bereits ihren 76. Geburtstag hinter sich gelassen. Nur einen Monat nach diesem größten Triumph ihres Lebens starb sie.
Der erfolgreiche Dramatiker Peter Quilter verarbeitete die Geschichte zu einem Musical, dass inzwischen auf vielen deutschen aber auch auf zahlreichen internationalen Bühnen erfolgreich gespielt wird. Dementsprechend groß war auch die Vorfreude der Radebeuler Theaterfreunde auf die Premiere. Diese erwartungsvolle Stimmung hielt am Premierenabend eine ganze Weile vor. So lange zumindest, bis die Besucher merkten, dass die insgesamt sechs Darsteller zwar mit großer Leidenschaft in ihren jeweiligen Rollen aufgingen, die Geschichte selbst aber reichlich blutleer blieb.
Das ist eindeutig dem Mangel an Originalität bei der Umsetzung der Story durch die Regie geschuldet. Denn an wirklichen Ideen herrschte durchgängig ein Defizit. Und wenn mal eine angedeutet wurde, ging sie am Ende nicht auf. Wie bspw. der Versuch, das Publikum zum aktiven Mittun zu animieren. Wenn ein Text schon wenig hergibt, dann muss die Darstellung die Lücke füllen. Diese Aufgabe lösten die sechs Akteure relativ tapfer. Anke Teickner spielte die exzentrischen Anfälle der Sängerin ebenso großartig wie Michael Heuser als ihr treu ergebener Lebensgefährte St. Clair Bayfield eine originelle Studie in Sachen unerschütterlicher Zuneigung ablieferte. Auch David Müller als Pianist Cosme McMoon – der anfangs bei jedem falsch gesungenen Ton von Florence zusammenzuckt – war in seiner Rolle souverän. Ebenso wie Dorothy – die langjährige treue Freundin von Florence – durch Wiebke Adam-Schwarz wunderbar überdreht und zu hundert Prozent an die Sangeskunst der Freundin glaubend gespielt wird. Selbst Julia Vincze in einer Nebenrolle – sie spielte die aus Mexiko stammende Köchjn Maria – passte sich bestens in das kleine Ensemble ein, wenn sie im schnarrenden Spanisch selbstbewusst ihr Reich regierte. So gesehen war eigentlich alles in Ordnung. Warum aber schaffte der Spaß nicht den Sprung über den Bühnenrand ins Publikum? Warum amüsierten sich die Besucher nur sehr sporadisch? Und warum hatte das Lachen – wenn es schon mal aufflammte – kaum ansteckende Wirkung?Weil die Story eigentlich viel zu dünn ist, um ein Publikum zwei Stunden lang wirklich fesseln zu können. Und weil viele Einfälle der Regie ganz offensichtlich an den Zuschauern vorbei ins Leere liefen. Aus diesem Dilemma konnte auch das üppig farbige und in vielerlei Hinsicht sehr originelle Bühnenbild von Thilo Schiemenz nicht retten. Und auch nicht Florence Foster Jenkins saukomisch interpretierte Arie der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“ als Höhepunkt jenes Konzerts in der Carnegie Hall. „Glorious“ ist insgesamt mit einem hör- und spürbaren Plumps vom Sockel gefallen.