20 Jahre selbstverwaltete Jugendarbeit in Radebeul (Teil 1)
Viele Radebeuler haben ihre Kinder schon in die Hände des „NOTis“ gegeben, viele dieser Kinder haben auch selbst schon Kinder – Radebeuls ältester Jugendverein feierte mit drei Generationen Geburtstag. Seit 1992 – damals noch in der Friedenskirche – finden sich in Radebeul immer wieder junge Menschen zusammen um ehrenamtlich und unkommerziell die örtliche Jugend-Kultur zu befördern. Da nach der Wende alles zusammenbrach und es kaum einen Platz für Menschen zwischen 16 und 36 gab, wurde der NOTeingang e.V. gegründet. Heute existiert er immer noch, und wie er existiert kann man fast täglich im Weißen Haus – in Radebeul Serkowitz bestaunen. Das Weiße Haus ist seit 2006 zu einem Jugendzentrum am Rande der Stadt gewachsen.
Zahlreiche Skater, Biker und Bands üben sich in ihren Künsten vor Ort. Auch die jungen kreativen Graffiti-Künstler finden viele besprühbare Flächen im Gelände des ehemaligen Frühgemüsezentrums. Mit zwei Beachvolleyballplätzen, Tischtennisplatte und mehreren Kicker-Tischen wird das Sportangebot ergänzt. Doch der NOTeingang e.V. ist schon immer mehr gewesen, mehr als ein Ort zum Abhängen. Der quirlige Jugend- und Kulturverein sieht sich selber als Veranstalter, Dienstleister, offener Raum, Club und Bildungseinrichtung. Zu allererst wird er den meisten Radebeulern jedoch als Party- und Konzertort bekannt sein. Bei genauerem hinsehen – und dies wurde auch bei den Geburtstagsfeierlichkeiten eindrücklich gezeigt – entpuppt sich der Verein als eine Kreativitätsschmiede. Nicht nur, dass hier viele Ideen verwirklicht werden – auch finden sich hier Menschen zusammen, welche aus dem Verein herauswachsen und durch ihre Erfahrungen und dem Probieren im geschützten Rahmen oft erfolgreich mit eigenen Projekten ins Berufsleben starten. Sich ausprobieren können, das ist wichtig, Gemeinschaften bilden – ist unerlässlich. Der NOTeingang e.V. ist seit jeher auch Ansprechpartner und Sprachrohr für junge Menschen in Radebeul. Obwohl die Jugend eine schwer greifbare und natürlich auch unglaublich vielfältige Lebensphase darstellt, so ist es immer wieder ein Anspruch des „NOTis“ gewesen, für alle – oder für möglichst viele etwas anzubieten. Dies viel leichter als die nötigen Ressourcen, wie etwa Zeit, Kraft und Geld, noch umfangreicher vorhanden waren als jetzt. Im Moment gibt es zwar viele junge Menschen vor Ort, aber keine Möglichkeit, die Aufgaben eines Jugend- und Kulturvereines zufriedenstellend zu erfüllen. Man fährt sozusagen mit angezogener Handbremse. Filmprojekt, Ausstellungsprojekt, Proberaumprojekt, Lese-Projekt, Demokratie-Projekt und die offenen Angebote unter der Woche – dies alles muss organisiert werden – dann ist immer noch keine Party und kein Konzert geplant. Viele wissen, das ist alltägliche Vereinsarbeit. Als ich 2005 den Vorsitz übernahm war schon klar, so ganz läuft Jugendarbeit heute nicht mehr, wenn es keine professionelle Ansprechpartnerin vor Ort gibt. Doch seit die Landesregierung die Förderung heruntergeschraubt hat, mit der Behauptung, Jugendarbeit brauche keine Betreuung (was natürlich stimmt, wenn man bei Jugendarbeit an konsolenspielende Kids im Elektromarkt oder an biertrinkende Jugendliche an Bushaltestellen denkt) – und meint, dass mit Feuerwehr und Fußball ja eigentlich auch schon alles abgedeckt sei. Als Sozialarbeiter wage ich zu behaupten – es braucht mehr Soziale Arbeit, es braucht mehr Menschen die Gemeinschaften schaffen und Freiräume zugänglich machen. Wir als NOTeingang wollen keine Bestimmer sein, wir wollen nicht sagen wo es lang geht, unser Anspruch ist es, ein respektvolles Miteinander auf Augenhöhe zu pflegen – mit all jenen, die sich auch für eine bunte und friedliche Welt einsetzen – und wir denken, das geht auch in Radebeul!David Schmidt