„Markt und Straßen stehn verlassen/ still erleuchtet jedes Haus/ sinnend geh ich durch die Gassen/ alles sieht so festlich aus.“ Es ist eine friedliche Welt, die Joseph von Eichendorff in seinem wohl bekanntesten Weihnachtsgedicht beschwört, das erstmals 1837 erschien. Uns mag jene Zeit friedlicher als die unsrige erscheinen, wobei wir aber schnell einer romantischen Verklärung der vorindustriellen Epoche aufsitzen und vor unseren Augen ein Ludwig-Richter-Idyll oder ein Caspar-David-Friedrich-Klischee aufscheint. Hunger und Not in weiten Teilen der Landbevölkerung, Unterdrückung fortschrittlicher Denker, Flucht vor dem politischen Stillstand – auch das sind die 1830er Jahre. Ziemlich unfriedlich, bei Lichte besehen. Wir medial geprägten Menschen 175 Jahre später haben uns längst daran gewöhnt, Weihnachten in einer unruhigen Welt zu begehen. Die Schrecken und Schauplätze sind von anderer Qualität als zu Eichendorffs Zeiten, sie heißen 2012 Syrien, Mali und auch immer noch Afghanistan, um nur drei von vielen zu nennen. Ist es also pure Heuchelei, wenn wir auch jetzt wieder die Lieder von der friedlichen Weihnachtszeit anstimmen und im Moment des puren Wohlbefindens am liebsten die Uhr anhalten wollen, zum Beispiel dann, wenn auf dem Weihnachtsmarkt in Kötzschenbroda der Glühwein dampft, es aus den Buden duftet und der Tag sanft im tausendfachen Kerzenschein der Nacht entgegendämmert? Nein. Denn was wären wir Menschen ohne die Hoffnung, dass es besser werden wird auf unserer Erde? Was wären wir ohne die Sehnsucht nach Frieden in uns und um uns? Was bliebe denn noch an Zukunft ohne die biblische Verheißung vom Friedensfürst, den Gott für uns Menschen als Retter sandte? „Friede“ braucht keine großen Worte und gewaltigen Taten, er fängt im Kleinen an. Auf unseren Märkten und Straßen, in unseren Häusern und Gassen. Bei Ihnen. Durch Sie. Mit uns. Gesegnete und friedliche Weihnachten allen unseren Leserinnen und Lesern!
Bertram Kazmirowski