Neue Kunstglasfenster in der Naundorfer Schule
Vor drei Jahren schrieb ich im Monatsheft Mai über das schönste Märchenglasfenster Ostdeutschlands, das sich hier in Radebeul im Treppenhaus der Naundorfer Schule befindet. Die Bewertung dieses Fensters stammt von Erhardt Remmert, der sich deutschlandweit mit dem Thema Jugendstilglasfenster beschäftigte. Er äußerte sich in einem seiner Bücher voller Erstaunen über den Zustand der Naundorfer Fenster und schrieb: „Es grenzt fast an ein Wunder, dass die Treppenhausfenster einer Schule einhundert Jahre ohne Schäden überdauert haben. Wie sehr mögen die Kinder das Fenster gemocht haben, dass sie so sorgsam darauf acht gaben.“ Oder lag es vielleicht daran, dass diese Märchenmotive das Schönheitsgefühl der Kinder besonders ansprachen? Dabei wusste bis vor zwanzig Jahren kaum jemand, dass die Glasfenster mit Spendengeldern der Naundorfer Schulkinder und ihrer Eltern finanziert worden waren. Angeregt durch den kunstinteressierten Musiklehrer Walter Nietzsch sammelten die Schulabgänger des Jahrganges 1918 Geld für das erste Bild, „Sterntaler“. Weitere Bilder folgten in den nächsten zwei Jahrzehnten. Dann war das neunteilige Fenster im unteren Treppenhaus komplett.
Fast einhundert Jahre mussten vergehen, bis wiederum ein Lehrer, die Klassenlehrerin der Klasse 4 , Frau Nadja Ruffani, auf die Idee kam, weitere Glasfenster stiften zu lassen. Der 100.Geburtstag der Schule stand vor der Tür und die Eltern ihrer Klasse hatten vor, der Schule etwas Bleibendes zu schenken. Das neunteilige Flurfenster im oberen Stockwerk war, bis auf ein Ornament im Mittelteil, frei und bot Raum für neue Gestaltungen. Nach eingehender Beratung mit dem Klassensprecher, den Eltern und dem Coswiger Kunstglaser Tilo Starke, wurde die Idee veröffentlicht. Alle Beteiligten nahmen den Vorschlag so freudig an und die Spendenbereitschaft aller Eltern der Schule war so groß, dass in diesem Schuljubiläumsjahr noch ein zweites Fenster finanziert werden konnte. So entstanden 2005 die ersten beiden Märchenfenster: „Froschkönig“ und „Aschenputtel“. Immerhin kostete jedes Fenster zwischen 400 und 600 Euro. Trotz der hohen Summe wollten nachfolgende Schulabgänger ebenfalls ein Fenster stiften. So entstand im Jahr 2008 das Fenster „Die Gänsemagd“ und im Jahr 2009 „Der Rattenfänger“. Die vier oval gefassten Motive bestimmten nun die vier Ecken des großen Treppenhausfenster im 2. Stockwerkes. Alle bekamen die gleiche dekorative Einfassung, ähnlich den Jugendstilfenstern im unteren Stockwerk.
Bei der Wahl der Motive gab es zuerst unterschiedliche Meinungen, bis sich alle dann doch entschlossen, auf Paul Heys liebenswürdige Märchenillustrationen zurückzugreifen, nach deren Vorlagen auch die historischen Fenster entstanden waren. Der Münchner Maler und Kunstprofessor Hey war vor allem in Sachsens durch den Meinholdschen Verlag bekannt geworden.
Auch beim bisher letzten Märchenglasfensters „Rumpelstilzchen“, das am 14. Juni 2013 feierlich enthüllt wurde, stammt der Entwurf von Paul Hey. Die Elternsprecherin und Architektin Ditte Maike Busch hatte sich im Auftrag des Elternrates und der Klassenleiterin Gabriele Stein besonders stark für eine schnelle Realisierung eingesetzt und wurde zudem vom Tischlermeister Handrack und durch eine Spende des Vereins für Deutsche Sprache unterstützt.
Sie und die Klasse nutzten das Angebot von Tilo Starke, sich in seiner Werkstatt die Entstehung des Fensters einmal genau anzusehen. Er zeigte, wie klassische Glasmalerei funktioniert, wie unterschiedlich farbiges Antikglas, geschnitten, zusammengesetzt und durch Bleischienen gefasst wird, wie die Metalloxyde verschiedener Herkunft wirken, auf welcher Basis leuchtendes Gelb oder Rot entsteht und wie Oberflächenstrukturen geätzt werden.
Etwa 100 Arbeitsstunden brauchte der Meister, um ein Bild dieser Größe (90cm * 60cm) zu fertigen. Das Material sponserte er großzügig, hatte er doch schon seit den 80er Jahren durch die Restaurierung der Bleiverglasungen der alten Fenster besondere Beziehungen zur Schule.
Nun ist das Bild eingesetzt , eingeweiht und für jeden sichtbar. Im Zentrum des Bildes das tanzende und sich freuende Rumpelstilzchen, eingehüllt und betont durch helle und warme Farben, dahinter im Kontrast dazu der Wald mit seinen steil aufragenden Bäumen in kalten Grün- und Blautönen. Das ganze Bild wird durch einen farbigen Rahmen gehalten, der wiederum zu den andern Fenstern und hoffentlich zu weiteren neuen Bildern in Beziehung steht. Ideen gibt es bereits , können doch so Schüler und Eltern der Grundschule Naundorf ihre Verbundenheit zu „ihrer Schule“ am besten dokumentieren.
Gudrun Täubert
Ein Kommentar
Sehr interessanter Artikel, habe ich doch von 1937 bis1941 diese Schule besucht und mich immer über die Märchenbilder gefreut. Jetzt werde ich ab und zu durch eine Freundin vom Luisenstift, die in Radebeul-Ost wohnte, auf Artikel über Naundorf aufmerksam gemacht. Sie findet sie in den Radebeuler Heften.
MfG Christa Stein geb. Irmer