Dario Fo’s brillante Satire „Bezahlt wird nicht!“ hatte an den Landesbühnen Sachsen Premiere
Drehte man den Kalender um – sagen wir mal – 39 Jahre zurück und beamten wir uns dann hinunter ins sonnige Italien des Jahres 1974, dann wären wir in jenem Jahr angekommen, in dem sich der Theaterautor Dario Fo eine seiner schärfsten Satiren überhaupt ausdachte. Und vergliche man nun die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse mit den gegenwärtigen, dann müsste man ganz nüchtern konstatieren, dass sich im Grunde überhaupt nichts verändert hat. Das wiederum spricht für die enorme Weitsicht eines Satireautors. Aber auch dafür, dass die Bewohner des Planeten Erde in den seltensten Fällen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, sondern sie immer wieder – stur wie die Affen – neu begehen. Wohl auch aus diesem internationalen Grunde hat sich Regisseur Stefan Wolfram für eine ganz stringente Erzählweise des Dario Fo – Klassikers entschieden. Und wohl auch deshalb legten die beiden italienischen Vollblutweiber Antonia (Julia Vincze) und Margherita (Sophie Lüpfert) ganz schnell ihre Nationalität ad acta und spielten ihre Rollen auf deutsch weiter. Denn seien wir doch mal ehrlich; der Supermarkt sieht heute in Deutschland genauso aus wie der in Italien oder sonst wo in der EU. Auch die Preise unterscheiden sich nur minimal. Und die Menschen haben allüberall in diesem von den Finanzstrategen geschmiedeten Staatengeflecht die gleichen Sorgen. Keine Arbeit, kein Geld, keine Zukunft – das alles nur eben in der jeweiligen Landesprache und mit unterschiedlichem Temperament auf den Punkt gebracht. Selbst der Cavalliere Signore Silvio Berlusconi taucht – wenn auch nur verbal – im Stück auf.
Margherita und Antonia nun haben sich am Sturm auf den Supermarkt beteiligt und landen darauf mit reicher Beute zu Hause an. Sie haben soviel mitgehen lassen, dass es schwer fällt, alles nun in Verstecke einzulagern. Zumal ist ihnen schon recht mulmig zumute, denn draußen jodeln bereits die Polizeisirenen und die ersten Carabinieri fangen an, die Wohnungen zu durchsuchen. Die einzige Chance für Margherita und Antonia besteht darin, das Zeug sicher zu verstecken. Ergo werden beide schwanger, doch nur zum Schein.
Die Ehemänner der beiden sind diesbezüglich allerdings sehr, sehr ahnungslos – Antonias Mann Giovanni (Mario Grünewald) genauso wie Margerithas Mann Luigi (Matthias Henkel). Ahnungslos sind sie aber auch bezüglich des Aufstandes ihrer und der anderen Weiber im Supermarkt. Und von dem Lebensmitteldiebstahl der Frauen wissen sie ebenfalls noch gar nichts. Giovanni hat Hunger und durchsucht die Küche nach Essbarem. Er findet aber nur ein paar tief gefrorene Kaninchenköpfe, eine Packung Vogelfutter und ein paar Oliven. Als Giovanni den ersten Löffel zum Munde führt, stürmt der erste Carabinieri (Holger Uwe Thews) zur Tür herein. Als er nichts findet, verschwindet er wieder. Bliebe noch das Problem der beiden Schwangerschaften, denn davon wissen Luigi und Giovanni absolut nichts. Jetzt allerdings noch mehr auszuplaudern würde nur dem Theater schaden. Deshalb die unbedingte Empfehlung an unsere Leser; unbedingt anschauen, was in „Bezahlt wird nicht“ noch so alles geschieht. Es lohnt sich auf jeden Fall.
Am Ende sei nur noch soviel verraten; die EU ist glücklicherweise (manche meinen allerdings leider) am Ende der Aufführung immer noch präsent. Doch das Publikum schwebt irgendwo zwischen Lachkapriolen und tiefster Nachdenklichkeit. Wobei beide Zustände durchaus Sinn haben.
Wolfgang Zimmermann
„Bezahlt wird nicht“ ist wieder zu sehen am:
4. und 31. Januar 2014 (jeweils um 19.30 Uhr); am 9.Februar und am 29. März 2014, sowie am 25. April 2014 jeweils im Stammhaus Radebeul