„Der erste Eindruck ist der Beste!“

Günter Schreiber stellt im Coswiger Museum Karrasburg aus

Argwöhnisch und zum sofortigen Angriff bereit bewacht der Patriarch sein Häuschen. Am Fenster zeigt sich eine nackte Schöne, auf dem Dach üben sich noch weitere Grazien in allerlei erotischen Posen. „My Home Is My Castle“ könnte der Titel des Bildes lauten, doch das wäre zu eindeutig. Der direkte Weg aber ist Günter Schreibers Sache nicht. Er denkt um die Ecke und verbirgt in seinen Bildern manch durchaus kompliziertes Rätsel. „70 + 1“ hat der in Meißen gebürtige Künstler seine Ausstellung überschrieben, die am Abend des 14. Februar 2014 im Coswiger Museum Karrasburg eröffnet wurde. So hintersinnig wie ihr Titel ist aber auch der Inhalt dieser Ausstellung. Denn sie fordert neben einer notwendigen Ästhetik des Betrachtens zugleich auch immer die Fantasie des Besuchers heraus.

»Der erste Eindruck ist der Beste«, Radierung

»Der erste Eindruck ist der Beste«, Radierung

Wie zum Beispiel durch die Aquatinta-Grafik mit dem sinnigen Titel „Lästige Brührung“. Darin trifft der Friede (Pferd) auf den Krieg (Düsenjet). Glücklicherweise bleibt es nur bei einer eher flüchtigen Begegnung. Oder das Ölbild, auf dem ein geflügeltes Pferd (Öl/2014) seinen Reiter abwirft, die Flügel ausbreitet und endlich „frei“ von seiner Last ist. Pegasus lässt grüßen. Auch jene wundervoll hässlichen „Drei Grazien“ (Öl/2014), die sich ihre Unansehnlichkeit schönreden und sich so im Eigenlob sonnen. Sich selbst hat der Maler ebenfalls auf einem seiner Bilder in der Ausstellung untergebracht. „Selbst – Im Kreise der Freunde“ hat er das Ölbild unterschrieben. Die Freunde aber sehen weniger wie solche sondern eher wie das krasse Gegenteil aus. Schließlich sei noch jene Grafik erwähnt, der Günter Schreiber den Titel „Der erste Eindruck ist der beste“ gegeben hat und die ein besonders groteskes Beispiel für die Überheblichkeit des homo sapiens gegenüber der eigenen Art abliefert.

»Frei«, Öl, 2014

»Frei«, Öl, 2014

Egal, mit welcher Einstellung  und von welcher Seite sich der Betrachter den Bildern von Günter Schreiber nähert. Hintersinnig sind sie immer; die grafischen und malerischen Impressionen des im Jahre 1943 gebürtigen Meißners, der zunächst den Berufs des Graveurs erlernte und dann in den Jahren 1970 bis 75 an der Dresdner HfBK ein Studium der Wandmalerei absolvierte. In die Praxis entlassen arbeitete er in den 1980-iger Jahren u.a. am Wiederaufbau bzw. an der Restaurierung  der Semperoper mit, vermittelte seine Erfahrungen als Lehrer an junge Menschen und ist seit 2008 als Restaurator tätig.

»Drei Grazien«, Öl, 2013

»Drei Grazien«, Öl, 2013

Die Ausstellung in der Coswiger Karrasburg zeigt einen repräsentativen Querschnitt des gesamten Werkes von Günter Schreiber, dass sowohl die Malerei als auch die Grafik (mit all ihren verschiedenen Möglichkeiten) beinhaltet.

»Selbst – Im Kreis der Freunde«, Öl, 2013

»Selbst – Im Kreis der Freunde«, Öl, 2013

Wolfgang Zimmermann

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