„Heiterer Blick“ in Publikation verewigt
Die darstellende Kunst hat in Radebeul durchaus eine längere Tradition und ist nicht erst seit dem Umzug der zur Landesoper umbenannten Volksoper Gittersee im Juli 1950 nach Radebeul an diesem Ort präsent. So waren u.a. Puppenspieler in der Stadt ansässig, wie Paul Bongers und der berühmte Carl Schröder. Gerhart Hauptmann fertigte hier u. a. das Lustspiel Die Jungfer vom Bischofsberg und Ernst Schuch (Generalmusikdirektor der Dresdner Hofoper), dessen Todestag sich dieses Jahr zum 150. Mal jährt, hatte in der Stadt seinen Wohnsitz. Unzählige nichtprofessionelle Theatergruppen komplettieren das Bild.
Einer dieser Gruppen, dem Theater „Heiterer Blick“, wurde sogar in der kürzlich erschienenen Publikation Auf der Scene – Gesichter des nichtprofessionellen Theaters Sachsen von 1500 bis 2000 ein längerer Textabschnitt gewidmet.
Hervorgegangen aus der 1945 gegründeten „Theatergruppe Hoflößnitz“ der Antifa-Jugend wurde das Theater in Radebeul bald zu einem Begriff. Mit der Übernahme der Trägerschaft durch den VEB Polygraph Druckmaschinenwerk Planeta und der Eröffnung des betriebseigenen Klubhauses 1972, entwickelte sich das Ensemble zu einem Leistungsträger des Laientheaters in der DDR. Zu einer der vielen herausragenden Inszenierungen des Theaters schreibt der Autor Michael Hametner im oben aufgeführten Buch: „Die Gruppe feierte mit der Antigone ihr 30-jähriges Jubiläum. Als Geleitwort zur Aufführung wählten sich die Spieler ein Wort von Brecht: »›Wir bitten Euch, nachzusehen in Euren Gemütern nach ähnlichen Taten oder dem Ausbleiben ähnlicher Taten‹ und, lernend aus unserer Geschichte, das große Beispiel der sittlichen Tat Antigones zum Maßstab des eigenen Handelns zu machen und nicht erst weise zu werden im Alter. „Ein Ansatz, der eine schlüssige Lesart der Antigone bot und überdies heranführte an die jungen Spieler und ihr Publikum. – Die Inszenierung beeindruckte die Zuschauer durch eine schlichte und sehr intensive Spielweise. Antigones Schicksal, ihre Herausforderung von König Kreon, um den Bruder zu bestatten – nichts war in dieser Inszenierung äußerlich dramatisiert. Dafür sahen die jungen Spieler – viele Schüler und Studenten gehörten dem Ensemble an – gar keine Notwendigkeit, weil durch den Regisseur [Klaus Kunick] der Vorgang aus der historischen Entfernung an sie herangerückt worden war. Das Spiel ließ deutlich werden, dass die jungen Darsteller ihre Figuren verstanden hatten und mit ihnen fühlten.“
Für diese Inszenierung erhielt das damalige Jugendtheater des VEB Planeta zu den 16. Arbeiterfestspielen der DDR 1976 in Görlitz eine Goldmedaille.
Die Publikation Auf der Scene bietet sowohl für an der Heimat- als auch an der Theatergeschichte interessierte Leser eine wahre Fundgrube historischer Fakten und Geschichten über das nichtprofessionelle Theater in Sachsen. Besonders der Dresdner Raum findet im Buch eine breite Darstellung.
Unter dem Herausgeber Landesverband Amateurtheater Sachsen haben 15 Autoren erstmalig in der Bunderepublik ein Werk vorgelegt, welches die Geschichte des nichtprofessionellen Theaters eines Flächenstaates über einen derartigen Zeitraum zum Gegenstand einer Betrachtung erhebt. In 23 Einzelbeiträgen erzählen die aus Wissenschaft und Praxis kommenden Autoren u. a. vom Schultheater des 16. bis 19. Jahrhunderts, von den Weihnachtsbräuchen der erzgebirgischen Bergleute, den Hoffesten unter August des Starken, dem Beginn des Vereinstheaters, wie auch von den wechselvollen Zeiten des 20. Jahrhunderts und den dramatischen Veränderungen für die Amateurtheater nach 1989. Die reich bebilderte Ausgabe enthält neben einem Orts- und Namensregister auch eine Zeittafel mit gesellschaftlichen und theatergeschichtlichen Anmerkungen.
Mit diesem Werk ist dem Landesverband auch ein schön gestaltetes Buch gelungen, welches darüber hinaus noch äußert preiswert ist.
Karl Uwe Baum
„Auf der Scene – Gesichter des nichtprofessionellen Theaters in Sachsen von 1500 bis 2000“, Autorenkollektiv, Landesverband Amateurtheater Sachsen (Hg.), Sax Verlag Markkleeberg 2013, 24,80 €.