Der Anblick von verliebten Paaren, die in aller Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschen, ist heutzutage eher selten geworden. Kein Wunder, dass die Titelbildzeichnung bereits vor über sechs Jahrzehnten entstand. Die Anregung hierfür empfing Lieselotte Finke-Poser als sie während ihres Studiums auf dem Weg zur Kunsthochschule mehrmals am Tag den Leipziger König-Albert-Park durchquerte. Die Liebespaare auf den Parkbänken ließen sich nicht übersehen, denn Wohnraum war Ende der 1940er Jahre knapp. Doch was mag sich die Künstlerin dabei gedacht haben, eine so völlig absurde Situation darzustellen: Ein vermutlich staatenloses Walross und ein deutsches Hausschwein sitzen eng umschlungen auf einer Bank und fühlen sich dabei „sauwohl“. Um die öffentliche Meinung scheint sich das ungleiche Paar nicht zu scheren. Was ficht einen schon an, im Rausch der Gefühle! Ob der Liebhaber mit gültigen Papieren in die von den Alliierten besetzte Zone eingereist ist, soll hier nicht weiter erörtert werden. Auch lässt sich nicht mehr feststellen, ob er sich seine Stoßzähne bereits abgestoßen hat oder ob er sich diese aus Liebe hat ziehen lassen. Eindeutig scheint nur, dass die Multi-Kulti-Beziehung „weder Fisch noch Fleisch“ ist. Solange die Beiden auf einer Bank im Park sitzen, mag das ja noch funktionieren. Doch spätestens, wenn Herr Walross nach Wasser verlangt im Schlafzimmer der ehelichen Wohnung, dürfte sich die Beziehung zu Frau Schwein merklich abkühlen. Liebe kann zwar Berge versetzen aber alle Unterschiede hebt sie doch nicht auf.
Karin (Gerhardt) Baum