Die Geschichte einer jungen Bronzedame (1. Teil)
Schon vor fünf Jahren war sie im Gespräch, die 80cm hohe kniende Bronzefigur, die über 30 Jahre den Park zwischen „Weißem Ross“ und Landesbühnen zierte, die danach aus Sicherheitsgründen in die Versenkung geriet und für die noch immer ein passender Aufstellungsort gesucht wird.
In der SZ vom 16. August 2014 wurde dieses Vorhaben wieder einmal in die Öffentlichkeit getragen und ich möchte hier erläutern, warum die Aufstellung immer noch nicht möglich war. Dazu muss ich ein paar Jahre zurückgehen.
Anlässlich des 75. Jahrestages der Gründung Radebeuls im Jahre 2010 nahmen sich der „verein für denkmalpflege und neues bauen“ und der „Radebeuler Kunstverein“ vor, sich für die Wiederaufstellung des Wackerbarthsteins und einer schönen kleinen Bronzefigur einzusetzen. Beide Vereine hatten für jedes Projekt etwa 800 Euro zurückgelegt.
Die Wiederaufstellung des Grabsteines für den Raugrafen August Joseph Ludwig Wackerbarth erfolgte am 20. Mai 2010 in feierlicher Form und unter Beteiligung vieler Interessenten auf dem alten Friedhof in Radebeul West. Das zweite Projekt wartet noch immer auf seine Verwirklichung.
Dazu möchte ich verschiedene Gründe anführen.
Am Anfang suchten wir nicht nur einen passenden und sicheren Ort für eine „Bronze“ im öffentlichen Raum, sondern wir merkten, dass es keinerlei Angaben zur Herkunft, zur Entstehungszeit und zum Künstler gab. Also musste man erst einmal nach Fakten suchen.
Auch die Anfrage des Bürgermeisters, ob die Figur aus jüdischem Besitz stamme, war nicht geklärt.
Aus der Art der Formung und der Gestaltung der Oberfläche unserer Bronzedame konnten wir auf Künstler in Richtung Kolbe, Albiker oder Wrba schließen, aber Belege dafür gab es nicht. Wir, das waren vor allem Frau Karnatz, die Leiterin des Stadtarchivs, der Kulturamtsleiter Herr Lange und ich. Und wir fragten fast alle in unserer Stadt, von denen wir meinten, dass sie so etwas wissen könnten. Schließlich wandten wir uns im Dezemberheft von „Vorschau & Rückblick“ 2009 an die Öffentlichkeit. Vielleicht können sich einige Leser noch daran erinnern?
Aber es gab sehr wenige Reaktionen. Herr Tarnowski, der die jüdische Geschichte in Radebeul gut kennt, konnte mir versichern, dass die Figur nicht aus jüdischem Besitz stammt. Frau Inge Bielmeier, die Vorsitzende des Kunstvereins, fand in einer Broschüre vom 17. 2.1959 eine Abbildung der Figur, fotografiert von Herrn Malschewski unter dem Titel „Grünanlagen am Weißen Ross“. Bei der Gestaltung des Parks hatte die kleine Figur also hier bis 1991 einen Aufstellungsort gefunden.
Das konnte mir auch Frau Karnatz bestätigen. Gemeinsam durchforsteten wir alle Ankaufspläne der Stadt, aber ohne Ergebnis. Das war ärgerlich, auch für mich selbst. War ich doch jahrelang fast täglich an der Figur vorbeigelaufen und hatte nie nach dem Künstler gefragt.
Also musste ich mit meinen Erkundungen und mit meinen Gedanken weg von Radebeul gehen.
Kurz vor Weihnachten fiel mir blitzartig ein, nur Hermann Naumann könnte etwas über unsere Figur wissen. Hermann Naumann, der Maler, Grafiker und Plastiker aus Dittersbach; Hermann Naumann, der Kunstsammler, der sich für Land und Leute interessierte, der viele Künstlergeschichten und Schicksale kannte, und der mir schon mehrfach geholfen hatte, auch als es um das Werk des Bildhauers Burkhart Ebe ging.
Ich schrieb ihm sofort und bekam auf Brief und Bild umgehend eine telefonische Antwort.
OTTO ROST müsste der Verfasser sein. Die Art der Gestaltung und die Bearbeitung der Oberfläche schließen nur auf ihn. Er selbst besäße zwei Plastiken von Otto Rost und er wäre sich bei dieser Ferndiagnose ziemlich sicher. Im übrigen hätte seine Frau noch schneller auf den Bildhauer Otto Rost getippt. Hermann Naumann wusste auch, dass Otto Rost ein Schüler Georg Wrbas war, an der Kunsthochschule in Dresden studiert und ein reiches Werk hinterlassen hatte. Jetzt war der Weg für weitere Informationen frei und die bekamen wir auch ganz schnell und umfassend. Aber dazu schreibe ich im nächsten Heft unter dem Titel „Der kleine große Bildhauer Otto Rost“.
Gudrun Täubert