Zur Titelbildserie
Häufig dichtet der Mensch den Tieren Eigenschaften an, mit denen er selbst nur ungern in Verbindung gebracht werden möchte. So wird zum Beispiel am Ziegenbock kein gutes Haar gelassen. Dieser sei störrig, triebhaft, aggressiv und stinkend. Positives kann man in der Literatur über ihn kaum finden. Gerade mal für die Vermehrung ist er gut genug. Lange vorbei sind die Zeiten, als aus seinen Hörnern Nektar und Ambrosia floss.
Der Bock auf unserem November-Titelbild scheint allerdings recht vergnügt in sich hinein zu lächeln. Die turbulenten Weinfeste sind überstanden. Die Straußenwirtschaften haben geschlossen. Für Herrn Bock beginnt die Zeit des Bock: Winterbock, Festbock, Eisbock… Wo sich der Ort seiner Labung befindet, ist nur zu vermuten. Es wird wohl eine Bierstube in Altkötzschenbroda sein. Schließlich haben hier viele seiner Vorfahren gelebt und der eine oder andere Verwandte lässt sich hin und wieder auf den Streuobstwiesen blicken. Wohin jedoch seine Gedanken schweifen, ist nur schwer auszumachen. Vielleicht sinnt er nach über die kontroversen Diskussionen, welche um die Zukunft von „Bismarckturm“ und „Hoflößnitz“ kreisen? Oder er träumt vom Tänzchen mit einer Ziegendame in Lindenau? Auf jeden Fall wirkt er sehr entspannt, woraus sich wohl schließen lässt, dass er sich nicht mehr zum „Gärtner“ für alle möglichen Querelen in der Lößnitzstadt machen lassen will. Da zeigt sich sein wahres Wesen: Bock bleibt Bock – mit und ohne Bock! Die Schöpferin der Titelbildillustration, Lieselotte Finke-Poser, wird sich ihren Teil dabei gedacht haben, denn Ziegenböckchen hat sie schon als Kind gemocht.
Karin (Gerhardt) Baum