Schulen stehen immer unter genauer Beobachtung der Öffentlichkeit. So auch in Sachsen. Beklagt werden gegenwärtig Unterrichtsausfall, mangelhafte Bausubstanz und die Modalitäten des Übergangs von der Grundschule an weiterführende Schulen.
Doch wie war das früher?
Liest man die Jahresberichte, wird eine andere Tendenz sichtbar.
So schreibt der Direktor des Realgymnasiums (heutiges Lößnitzgymnasium) , Herr Volkmar Frizsche, in den Schulnachrichten 1911, dass es wünschenswert sei, wenn die Eltern auch während des Schuljahres mit dem Klassenlehrer des Sohnes Rücksprache nehmen würden. Er lässt wissen, dass er an jedem Schultag von 11 bis 12 Uhr in seinem Arbeitszimmer zu sprechen sei. Es wird mit Freude vermerkt, welche Ehrengäste zu Schuljahresbeginn, zu besonderen Feierlichkeiten oder zu Prüfungen (!) im Hause waren.
So wurden am 25, Mai 1911 auf einer Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Königs Friedrich August unter den Ehrengästen der Ortsvorsteher Robert Werner, die Pfarrer Hingst und Schmidt, Postdirektor Sterzel, General von Wolf und Dr. med Weiser besonders begrüßt. Einige Mitglieder der Schulkommission, wie Baumeister Große, Gemeindevorstand Emil Schüller, Gärtnereibesitzer Pietzsch und Prof. Stübner, nahmen an den Klassenprüfungen im Jahr zuvor teil. An den Nachmittagen der Prüfungstage konnten sich die Gäste, die auch von außerhalb kamen, die sog. Zeichen- und Werktätigkeitsausstellung ansehen.
Besuche ganz anderer Art gab es im Luisenstift.
Vier Jahre nach Amtsantritt besuchte Friedrich August III., König von Sachsen, am 4. Mai 1908 das Luisenstift. Die Schülerinnen waren in Festtagskleidung erschienen, Vertreter des Mutterhauses waren aus Dresden gekommen. Dann kündigte gegen Mittag Pferdegetrappel den hohen Besuch an. Das Protokoll vermerkt zur Besichtigung des Hauses einen ausführlichen Rundgang durch alle Klassen, Turn- und Schlafsaal, später Essraum, Bibliothek und Kapelle. Es folgte ein Spaziergang zum Kleinen Haus und schließlich nach Bethesda.
Zwei Jahre später hatte sich Ihre königliche Hoheit, Prinzessin Eitel Friedrich von Preußen, zum Besuch angemeldet. Geschmückt mit einer Vielzahl von Blumen und Flaggen zeigte sich die Schule im besten Licht. Der Gast besuchte alle Klassen und war zum Abschluss voll des Lobes. ( „Und wer einen photographischen Apparat besaß, durfte Aufnahmen machen.“)
Mit Freude wurden in jedem Jahresbericht die Besuche ehemaliger Schülerinnen gewürdigt.
Besuche erwünscht?
Ein Nachdenken- auch im 21. Jahrhundert- lohnt sich auf jeden Fall.
Frank Thomas
(Wie bekannt, war das Luisenstift bis 1945 den Mädchen vorbehalten, vorwiegend Jungen lernten am Realgymnasium)