Malerei von Sebastian Hennig ist in einer Ausstellung in der Stadtgalerie Radebeul zu sehen
Lebhaft farbintensiv holt Sebastian Hennig schöne und unscheinbare Dinge, verlassene und rätselhafte Orte und Landschaften auf die Leinwände, wo sie ein faszinierendes Eigenleben führen. Still und unbeweglich erzählen sie klar und unausweichlich in inniger Zwiesprache mit dem Betrachter von der Widersprüchlichkeit des Lebens, der Zartheit und Zerbrechlichkeit, von Fülle, Vergehen und Verwandlungen. Seine farbtonreiche Malerei ist derzeit unter dem Titel „Sono Solo Macchiaioli“ in der Stadtgalerie Radebeul in Altkötzschenbroda 21 zu sehen.
Maccia heißt Fleck auf italienisch. Macchiaioli nannte man dort früher spöttisch die Fleckenmaler, worauf der Ausstellungstitel ironisch anspielt. Sie setzten sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts für eine wirklichkeitsverbundene Kunst ein, die durch ihre flächenhaft-spontane Malweise und ungezügelte Farbfreude befreite aus den starren akademischen Konventionen. Surreales und Realität verschwimmen auch reiz- und geheimnisvoll in den figürlichen Szenen, südlichen und slawischen Reisebeobachtungen und Stillleben von Sebastian Hennig. Er malt Frauen beim „Waschtag“ vor luftig aufgespannter Wäscheleine an
Holzbalken, mit Wasserkrug auf dem Kopf, eitel Sonnenbadende und Menschen und Tiere in der Landschaft. Vor einem gelben Kornfeld dreht sich ein Schwein am Spieß über dem Feuer, davor sitzt eine nackte Dame in trauter Zweisamkeit mit den lebenden Wildschweinen im Bild „Biwak der Eber“. Da schaut mitten auf der Landstraße nah am Waldrand ein stolzer, verirrter Hirsch gebannt in die Ferne, die verlockende Jägerin steht dicht bei ihm, dem Ursymbol für Kraft, Männlichkeit, Fruchtbarkeit und Lebensenergie. „Aktaeon in Schleusingen“ heißt dieses Ölbild. Mensch und Natur stehen sich mal verwunschen-entrückt, entfremdet und vertraut gegenüber. Scheu und neugierig lugt ein „Fuchs im Unterholz“ im Halbdunkel. „Vögel und Nest“ sind schwarz und leer, ein kleines spitzschnäbeliges Wesen ragt weiß neben dem schützenden Rund hervor. Ein hell schimmernder, gehörnter Tierschädel liegt neben roten und faulenden Äpfeln und Tonscherben und einem Puppenwagen mit warm leuchtenden Kissen. Hennig rückt alte Industriebauten, Trümmersteine und das ruinöse, grün umwucherte „Schloss in Karzig“ in den Blick. Der Wert von Denkmalen für die Nachwelt wird wie durch ein Vergrößerungsglas in einer vergilbt gelb-schwarzen Holzschnittserie betrachtet aus der Perspektive der Jagdgöttin Diana, dem Kriegsgott Mars und dem Götterboten Hermes zwischen Triumph und Ausgeliefertsein den Lebensumständen.
Sebastian Hennig wurde 1972 in Leipzig geboren und wuchs in Radebeul auf. Er studierte von 1992 bis `98 an der Dresdner Kunsthochschule im Grundlagenstudium bei Elke Hopfe, Siegfried Klotz und Wolfram Hänsch sowie in den Fachklassen bei Claus Weidensdorfer und Max Uhlig. Sein Diplom erwarb er bei Ralf Kerbach. Seit 1999 lebt und arbeitet Sebastian Hennig freischaffend als Maler, Grafiker und Autor in Radebeul. Malaufenthalte führten ihn nach Venedig und nach Tenno Trento in Italien. Seine Bilder strahlen Ruhe aus und laden ein zum Innehalten und Wahrnehmen mit allen Sinnen. Die Welt besitze ihre eigene Sprachlichkeit, so Sebastian Hennig. Der Maler liest in ihr, indem er sie einbildet auf der Leinwand.
Lilli Vostry
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Die Ausstellung ist noch bis 28. Juni zu sehen.