Zur Mandaringruppe auf dem Fasanenschlösschen
Am 05. Mai 2015, pünktlich um 14 Uhr, trug ein Kran die reparierte Figurengruppe mit Mandarin und einem, einen Sonnenschirm haltenden Knaben auf seinen seit spätestens 1782 angestammten Platz, auf die Spitze des nahe bei Moritzburg gelegenen Fasanenschlösschens zurück.
Jetzt nickt er wieder bedächtig und würdevoll dem Publikum entgegen.
Anwesend waren, wie es sich einem solchen Anlass gebührt, Vertreter des Freistaates, vertreten durch das SIB Dresden I, des Landesamtes für Denkmalpflege, der Landesdirektion Sachsen, der unteren Denkmalbehörde beim Landkreis Meißen, an der Ausführung beteiligte Planer und Handwerker, natürlich die Hausherren sowie eine, wohl zufällig anwesende Anzahl von Touristen, die sich das Schauspiel nicht entgehen lassen wollten.
Aber der Reihe nach.
Auf den Grundmauern des ehemaligen Knöffelschen Fasanenhauses wurde unter der Regentschaft Kurfürst Friedrich August des III. (1750-1827, ab 1806 König von Sachsen) durch J. D. Schade das heute stehende Fasanenschlösschen im Jahr 1782 fertiggestellt. Die Spitze des quadratischen Baus wurde von einer hölzernen Figurengruppe, Mandarin mit Knabe und Sonnenschirm, mit stark farbiger Fassung bekrönt.
Die Pracht währte jedoch nicht lange, schon ein paar Jahre später musste die Plastik gegen eine Neuanfertigung, wieder in Eichenholz, ausgetauscht werden. Diese Replik hielt dann allerdings doch ca. 150 Jahre, wurde mehrfach mit Blechplatten repariert und sicherlich auch farblich neu gefasst.
Ende der 80-iger Jahre des vergangenen Jahrtausends war jedoch der Zustand dieses Bildwerkes derart desolat, dass durch das damalige Institut für Denkmalpflege und den ehemaligen VEB Denkmalpflege über die Herstellung einer Kopie nachgedacht wurde.
Damals standen zwei Alternativen zur Diskussion. Zum einen war es die Anfertigung einer Holzkopie in Rüster-Holz statt des vorhandenen Eichenholzes, zum anderen die Herstellung einer Kopie in Kunststoff.
Die Entscheidung fiel damals auf die Verwendung von PVC, sicherlich aus dem Bestreben heraus, auch moderne Baustoffe auf dem Gebiet der Denkmalpflege auszutesten. Das Original sollte konserviert werden und eine Aufstellung an einem geschützten Ort finden. Diese Holzplastik wurde jedoch als bewegliche Masse dem Haus Wettin übergeben, durch eine mehr oder weniger fachlich gut ausgeführte Überarbeitung zum Verkauf angeboten und konnte durch Bereitstellung von Spendenmitteln aus dem Kunsthandel zurück erworben werden. Heute steht diese Gruppe im Hofküchengebäude neben dem Fasanenschlösschen.
Die Aufstellung dieser Kopie sollte Ende der 80-iger Jahre erfolgen, tatsächlich wurde diese aber erst 1995 aufgesetzt, da zwischenzeitlich Störche auf dem freigewordenen Platz ihr Sommerquartier bezogen hatten und jahrelang nicht bereit waren, ihren „Hochsitz“ zu verlassen. Mittlerweile fühlen sie sich auf dem Wagenrad, dicht neben ihrer alten Brutstätte sehr wohl und kommen, Gott sei Dank, Jahr für Jahr an diesen Ort zurück.
Die PVC-Kopie wurde im August 2012 durch einen Sturm beschädigt und musste daraufhin demontiert werden.
In der Folge wurden wiederum verschiedene Varianten für Neuherstellung bzw. Reparatur erwogen. Geprüft wurden die Anwendung von Textilbeton im Sinne einer Reparatur sowie Herstellung einer Eichenholzkopie oder Abformung in Polymerbeton. Schließlich fiel die Entscheidung wieder auf eine Reparatur der vorhandenen Gruppe. Die Gründe hierfür lagen zum einen in der Dauer der Herstellung zum anderen waren ebenfalls Kostengründe ausschlaggebend.
Nach nunmehr fast 2 Jahren Entscheidungs- und Vorbereitungszeit wurden Mandarin und Knabe in den Theaterwerkstätten der Sächsischen Staatstheater für die Wiederaufstellung vorbereitet.
In Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege wurden auf der Grundlage der farbrestauratorischen Untersuchungen am damaligen Original in den 70-iger Jahren die Neuanstriche festgelegt und ausgeführt.
Parallel zu diesen Gesamtleistungen war noch eine wichtige Frage zu klären. Mohr oder Nicht-Mohr?
Nach gründlichem Studium der Farbbefunderfassung von damals musste die Auffassung, dass es sich um ein farbiges Kind handelt, revidiert werden. Die seinerzeit untersuchten 7 (!) Farbschichten am Kopf des Buben zeigten alle eine helle Farbigkeit – daher ist der Knabe ein weißes Kind, demzufolge müssten heute einige Literaturhinweise in Reise- und Architekturführern und sicher zum Teil auch in Fachliteraturen eigentlich umgeschrieben werden.
Wie dem auch sei, die Inszenierung „Fasanenschlösschen“ ist nun wieder komplett zu erleben und wenn man genau hinschaut, nickt uns der Mandarin gnädig zu – wir hoffen, dass er mit unserem Tun einverstanden ist.
Dr. Dietmar Kunze