Viele kleine Mädchen träumen davon, einmal Königin oder wenigstens Prinzessin zu sein.
War das bei Michaela Tutschke auch so?
Die Sächsische Weinkönigin hat mit mir über ihre Regentschaft geplaudert.
Anfang November 2014 war die Dresdnerin in der Coswiger „Börse“ als neue Repräsentantin Sächsischer Weine für ein Jahr gewählt worden. Zu der eingangs gestellten Frage erinnert sie sich, dass sie als Kind gern zugehört hat, wenn ihr die Eltern Märchen vorlasen. Und wenn dabei Königinnen und Prinzessinnen vorkamen, hat ihr das schon gefallen. Sie habe aber damals lieber im Dreck gespielt oder mit Autos. Die Puppenphase blieb sehr kurz.
2010 nahm sie eine Berufsausbildung als Winzerin auf und es dauerte nicht lange, bis sie eine Weinkönigin persönlich kennenlernte – eine anregende Begegnung.
Und als ihr Kolleginnen und Kollegen sowie Weinhoheiten sagten: „Das wäre doch auch etwas für Dich!“ – da begann der Plan zu reifen, sich nach Beendigung der Ausbildung dafür zu bewerben. Ihr frisch-fröhliches und charmantes Auftreten hatten die Unterstützer sicher auch im Blick. Die Bewerbungsunterlagen waren dann rechtzeitig zusammengestellt und beim Weinbauverband eingereicht, mit Lebenslauf und Selbsteinschätzung zur Eignung als Weinkönigin. Es ist so, dass jede Bewerbung angenommen wird und auch kein Vorentscheid stattfindet. Oft ist die Zahl der Bewerberinnen sehr gering. Jeweils Anfang November erfolgt dann die Wahl, auf die sich die Damen ab Mitte bis Ende September gezielt vorbereiten. Der Weinbauverband organisiert zum Kennenlernen untereinander und zur fachlichen Einstimmung Exkursionen, zum Beispiel eine Fahrt entlang der Sächsischen Weinstraße.
Michaela Tutschke und ihre Mitbewerberinnen nahmen an einer Verkostung sächsischer Weine im Schloss Wackerbarth teil, der dazu diente, Unterschiede zwischen den Rebensäften zu erkennen und es wurde die Beschreibung von Weinen trainiert – wer es schon einmal versucht hat, weiß, dass dies schwierig ist. Ein Rhetorikseminar im Weingut Friedrich Aust folgte, bei dem auch eine Schauspielerin der Landesbühnen Sachsen Tipps für die Wahlveranstaltung und den vielleicht folgenden öffentlichen Auftritten gab, beispielsweise für die Akklimatisierung vorher, das Bewegen auf der Bühne, den Umgang mit Lampenfieber. Schließlich gehört Selbststudium und Gedankenaustausch mit Weinkennern dazu.
Dann kam die Wahl. Erstmals gab es 2014 eine Jury, die aus Winzern, Sponsoren des Weinbauverbandes, Besitzern von Prädikatsgaststätten, die sächsische Weine ausschenken sowie Journalisten bestand. Das Publikum wurde ebenfalls mit einbezogen, indem auf den Rückseiten der Eintrittskarten der Name der persönlichen Favoritin eingetragen werden konnte.
Die Kandidatinnen zogen aus einem Topf jeweils vier Fragen zur Beantwortung, die sich vor allem auf den Weinbau und den Tourismus in der Region bezogen. Diese Beschränkung ergab sich aus Zeitgründen. Die Gäste waren aufgefordert, ihre Meinung zu den Antworten zu äußern. So nahm das Prozedere seinen Lauf und Michaela Tutschke konnte jubeln.
Sie ist im Weingut Proschwitz angestellt und hatte die Bewerbung mit ihrem Chef, Prinz zur Lippe, vorsorglich abgestimmt, da ja eine Weinkönigin zahlreiche Verpflichtungen wahrzunehmen hat, die teilweise auch in der Arbeitszeit liegen.
So zum Beispiel die Teilnahme an der Grünen Woche und an der Tourismusbörse in Berlin. Da kommen zusammenhängend auch mal drei Tage Abwesenheit zusammen. Prinz zur Lippe hat großzügig Unterstützung gewährt. Er freut sich sicher, eine Mitarbeiterin als Weinkönigin zu haben und eine Werbeträgerin fürs Weingut ist sie natürlich auch.
Im Verlauf einer Amtszeit sind etwa 100 Veranstaltungen zu besuchen, was in logistischer und konditioneller Hinsicht eine beachtliche Herausforderung darstellt. Gleich nach der Wahl im November standen viele Termine an, im Winter weniger, ab März dann zunehmend mehr. Das ließ sich einigermaßen mit den beruflichen Aufgaben vereinbaren.
Michaela Tutschke hatte sich vorab mit ehemaligen Weinköniginnen unterhalten und wusste daher, was auf sie zukommt. Den Anforderungen konnte sie vor allem deshalb entsprechen, weil ihr das Ganze viel Freude bereitete und sie merkte, wie sie an den Aufgaben wuchs. Die besondere Ausstattung der Weinkönigin besteht aus Krone und Kette, die ihr feierlich von der Vorgängerin übergeben wird und den verschiedenen Kleidern. Hier kann sich der Weinbauverband auf eine Sponsorin stützen. Michaela Tutschke war begeistert, dass sie dort Beratung für entsprechende Kleider fand und diese ausleihen konnte. Ein weiterer Sponsor ist ein Friseur. Bei Terminen im Weinberg waren Jeans und eigener Chic angesagt, da dominierte das Fachliche.
In dem Jahr als Weinkönigin gab es viele interessante und schöne Begegnungen und Ereignisse, aus denen eines besonders herausragt: Die Volks-und Raiffeisenbank unterstützt ebenfalls den Weinbauverband. Sie besitzt einen eigenen Postvertrieb und gibt alljährlich eine Briefmarke mit dem Konterfei der Weinkönigin heraus. Nun ist Manuela Tutschke auf der 55 Cent-Marke vor der Meißner Burg zu sehen. Kommentar ihres Papas: “Sonst sind nur Verstorbene drauf, du schon zu Lebzeiten!” Anlässlich der Wahl bekam sie einen Weinkelch aus Meißner Bleikristall überreicht. Auf diesem ist das „Schwalbennest“ eingraviert. Das ist das Weinberghäuschen am den Weinköniginnen gewidmeten Weinberg “Rote Presse“ im Meißner Spaargebirge. Bewirtschaftet wird er von der Meißner Winzergenossenschaft. Den von den Traminer -Trauben erzeugten Wein erhält die Weinkönigin zu Repräsentationszwecken.
Am Ende ihrer Amtszeit hat sie sich am Wettbewerb zur Wahl der Deutschen Weinkönigin beteiligt. In Neustadt an der Weinstraße fanden am 19. September der Vorentscheid und am 25.September das Finale mit den sechs von zwölf Teilnehmerinnen statt, sogar vom SWR übertragen..
Zu ihrer Teilnahme sagt sie: „Ich musste nicht, aber für mich war es eine Frage der Ehre. Es gibt dreizehn Anbaugebiete in Deutschland. Die sächsischen Winzer haben es verdient, durch mich vertreten zu werden.“
Deutsche Weinkönigin ist Manuela Tutschke zwar nicht geworden, aber allein die Teilnahme wird für sie ein bleibendes Ereignis sein.
Wir wünschen ihr alles Gute und viel Glück für den weiteren Weg.
Vielen Dank, Eure Hoheit, für das Gespräch!
Ilona Rau