Editorial 07-16

Vor einiger Zeit lag ein auf den ersten Blick scheinbar toter Vogel in unserem Garten. Bei näherem Hinsehen zeigte sich jedoch, dass er trotz seiner Reglosigkeit immer noch lebte. Lange kann er dort nicht gelegen haben, denn Radebeuler Gärten sind bekanntermaßen von Katzen äußerst frequentiert. In der Konsequenz hat das eine nicht unerhebliche Auswirkung auf die Population zahlreicher Vogelarten, insbesondere auf die allseits beliebten Singvögel.
Unser Vogel war mit seinen langen schmalen, schwalbenähnlichen Flügeln recht schnell als Mauersegler identifiziert. Das Gefieder war am Flügel zum Teil verklebt und leicht blutig. Zum Schutz wurde das kranke Tier zunächst in einen luftigen Schuhkarton verbracht. Am Samstagvormittag stellte sich dann unweigerlich die Frage: Wie kann man sinnvoll helfen?
Wir erinnerten uns, dass es im Umfeld eine Wildvogelauffangstation geben müsse. Und tatsächlich, nach kurzer Recherche machten wir uns auf den Weg nach Dresden-Kaditz. Unvermutet auf dem Gelände der Stadtentwässerung befindet sich seit 2007 Sachsens erste Auffangstation für Wildvögel, die vom Umweltzentrum Dresden getragen wird. Zwischen sachlichen Betriebsgeländebauten ist die Station hier oasengleich von zahlreichen Bäumen und Sträuchern umgeben. Die überaus netten ehrenamtlichen Betreuer nahmen sich des Tieres an. Glücklicherweise waren die Flügel nicht gebrochen. Parasitäre Lausfliegen schienen wohl die Ursache für die Schwächung gewesen zu sein. Trotz der medizinischen Betreuung war bei unserer Verabschiedung noch nicht abzuschätzen, ob der Mauersegler den Weg ins Leben wieder schaffen könne.
Einige Tage später fragten wir telefonisch zaghaft nach. Man sagte uns, dass er mit hoffnungsvollem Schwung davongeflogen sei.

Sascha Graedtke

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