Genauer formuliert muss man schreiben: „Ein Radebeuler beim Dresdner Geschichtsmarkt“. Da erheben sich gleich mehrere Fragen: „Was ist ein Geschichtsmarkt?“, „Was sucht ein Radebeuler dort?“ und „Wer ist dieser Radebeuler?!“.
Die schwierigste Antwort zuerst: Der Autor selbst hatte sich am 4. und 5. März dieses Jahres am Dresdner Geschichtsmarkt im TU-Gebäude der Fakultät Informatik beteiligt. Und er sah es nicht als abwegig an, dass sich – zugegeben – ein „Wahl-Radebeuler“ auch mit der Geschichte Dresdens beschäftigt.
Kunst und Kultur – so das Thema des diesjährigen Marktes – ist ein weites Feld, zumal in Dresden, hat diese Stadt doch schon viele Jahrhunderte an der Geschichte Sachsens fleißig mitgeschrieben. Da müsste ja eigentlich schon alles gesagt, geschrieben, dokumentiert, fotografiert, verfilmt und archiviert sein.
Weit gefehlt! Sage und schreibe 44 Aussteller (Vereine und Einzelpersonen) hatten in der großen repräsentativen Eingangshalle der Fakultät ihre Stände aufgeschlagen und stolz an diesen zwei Tagen ihre Forschungsergebnisse präsentiert. Sicher war da nicht alles perfekt, nicht alles auf den Punkt gebracht, genügte nicht alles den Ansprüchen der Wissenschaft und Ästhetik. Die Vielfalt der Themen aber, das Bemühen um das Herausfinden der kleinsten Fakten, die Sichtbarmachung auch des Alltäglichen sind Merkmale des Marktes, die mir aufgefallen sind. Von Erlwein bis Bellotto, über Briefmarkenbilder, „Avanti“-Spitzmaschinen, Dresdner Brunnen und Brücken, von der Ersten Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung bis zur Süßwaren-Werbung oder Dresdner Bestattungskultur konnten die Besucher viel Interessantes und Neues erfahren. Und wer dann noch nicht genug hatte, besuchte einen oder mehrere der 20 Vorträge, die häufig bis zum letzten Platz belegt waren. So zum Beispiel der von Prof. Raimund Herz, welcher voller Empathie „Auf Canalettos Spuren im Coselpalais Dresden“ wandelte und seine Zuhörer zu begeistern wusste.
Und der Radebeuler, was hatte dieser auf dem Markt verloren? Er war ja nicht als Besucher gekommen, wie so viele, die ich aus meiner Heimatstadt dort gesehen habe. Er hatte Material mitgebracht, welches so manchen Betrachter verblüffte. Einer Dame entfuhr es denn auch erstaunt: „Mit was man sich so alles beschäftigen kann!“ Auf drei großen Tafeln zeigte er Dokumente und Informationen zum Dresdner Amateurtheater. Das ist in den 13 Jahre des Marktes noch nie vorgekommen! Nein, nicht Hochkultur führte er vor, sondern die „Kunst aus dem Volke für das Volk“, die so häufig verdrängt oder vergessen wird und in den Archiven wie Museen meist nicht vorhanden ist.
Man musste schon Zeit mitbringen, denn zu lesen und zu sehen gab es auf dem Markt sehr viel. Wer wollte, konnte an meinem Stand etwas über das Amateurtheater „studio 80“ erfahren und dessen Österreichtournee im Jahre 1985, u. a. mit Manuel Schöbel, dem jetzigen Intendanten der Landesbühnen. Auf einer Tafel wurde die Studentenbühne der TU Dresden vorgestellt, welche z. B. 1982 mit einer Inszenierung einen gehörigen Theaterskandal auslöste.
Ach ja, die erste Frage… Sie hat sich sicher schon beantwortet. Ein Markt im kommerziellen Sinne freilich war diese Veranstaltung nicht, obwohl man auch tolle Bücher und seltene alte Ansichtskarten kaufen konnte. Schließlich bot Baum auch ein interessantes Buch über 500 Jahre Geschichte des nichtprofessionellen Theaters in Sachsen an. Gekauft hat es leider keiner. Immerhin wiegt es 3,5 Kilo! Der Markt ist eine Veranstaltung für interessierte Menschen, die in ihrer Freizeit die Dresdner Geschichte und die des Umlandes erkunden. „Markt“ deshalb, weil hier die gewonnenen Erkenntnisse gewissermaßen „feilgeboten“ werden.
Am Sonntag, kurz vor Schluss der Veranstaltung, kam ein Besucher nochmals an meinen Stand zurück, um sich zu bedanken für die vielen Anregungen und neuen Erkenntnisse, die ihm der Markt vermittelt habe. Mehr bedarf es sicher nicht, um zufrieden seine sieben Sachen einzupacken und gen Radebeul zu ziehen. Danke dem Veranstalter, dem Verein „Dresdner Geschichtsmarkt“, der dringend nach Verstärkung sucht, damit auch 2018 diese schöne und anregende Veranstaltung in der Nöthnitzer Straße 46 wieder stattfinden kann.
Karl Uwe Baum
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Ein Blick auf die Ausstellungshalle mit den Ständen der Freizeitforscher und der attraktiven Skulptur in der Fakultät Informatik.
Foto: Karin Baum
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Der Vorsitzende des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und Organisator der Veranstaltung, Klaus Brendler, am Stand des Autors (2. v. l.).
Foto: Karin Baum
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Das Amateurtheater „studio 80“ vom VEB Tiefbau- und Verkehrskombinat Dresden nach einer Aufführung von Der Lechner Edi schaut ins Paradies von Jura Soyfer im Aktsaal der HfBK Dresden 1985.
Foto: Archiv Baum