Der SPD-Ortsverein Radebeul gedenkt seiner Geschichte
und lädt Interessierte zur Historien-Radtour ein
Seit November 2016 trifft sich regelmäßig die AG Geschichte der SPD in Radebeul, um die Geschichte der Sozialdemokratie in Radebeul zu erforschen. Anlass dafür ist das 125. Jubiläum des Sozialdemokratischen Vereins für Lindenau und Umgebung, der am 29. Oktober 1892 im Gasthof Lindenau (heute Landhotel Lindenau) gegründet worden war. Den Anstoß zur Erforschung unserer eigenen Geschichte hatte der Historiker Frank Andert bereits zum 150jährigen Jubiläum der SPD im Jahr 2013 gegeben.
Die SPD in Radebeul war seit der Gründung des Ortsvereines Lindenau in den verschiedenen Ortsteilen, die 1935 zur Stadt Radebeul zusammengeführt wurden, aktiv. Beeindruckend sind dabei die Mitgliederzahlen: So gab es im Ortsverein Kötzschenbroda ca. 250 Mitglieder, davon waren 20 bis 30 aktiv. Im Ortsverein Radebeul waren es ca. 350 Mitglieder, von denen 50 bis 60 aktiv waren. Der Ortsverein Lindenau war bis 1932 selbstständig, die Ortsvereine in Zitzschewig und Naundorf bis 1924. Diese gingen dann in den Ortsverein Kötzschenbroda über.
Zur Vorbereitung eines Festtages, den wir am 19. August 2017 begehen möchten, hat die AG Geschichte im Stadtarchiv recherchiert und mit Zeitzeugen gesprochen. Zu diesen Zeitzeugen gehört auch Manfred Arthur Fellisch, der Sohn des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Alfred Fellisch. Alfred Fellisch ist auf dem Hauptfriedhof in Radebeul-West beigesetzt. Seine Grabstätte werden wir gemeinsam besuchen. Und wir haben auch mit Gründungsmitgliedern der SDP Radebeul gesprochen, die nach der politischen Wende in der DDR am 29. November 1989 im Luthersaal der Friedenskirche in Radebeul zusammenkamen. Den Saal hatte der damalige Pfarrer Eberhard Gehrt zur Verfügung gestellt. Er war einer der Mitwirkenden am Runden Tisch sowie Mitglied des Stadtrates.
Weitere prominente Sozialdemokraten, die in Radebeul gelebt haben, sind Paul Brüll (1892-1983), der 1. Stadtarchivar von Radebeul war, und Wilhelm August Kaden (1850-1913), der Nachfolger von Wilhelm Liebknecht als Reichstagsabgeordneter und Herausgeber der Sächsischen Arbeiter-Zeitung (Vorläufer der heutigen sächsischen Zeitung). Nicht vergessen werden darf auch Hellmuth Rauner (1895-1975), der ab 1945 einer der führenden Köpfe der Sozialdemokratie in Radebeul war. Er hatte sich unter anderem für einen festen Sitz der Landesbühnen sowie für den Bau der Volkssternwarte eingesetzt, die sich noch heute großer Beliebtheit erfreut.
In der jüngeren Geschichte sei an David Schmidt (1985-2014) erinnert, engagierter Stadtrat, der maßgeblich für die Etablierung des „Noteingang e.V.“ gewirkt und das Bündnis Bunte Radebeul mit ins Leben gerufen hatte. Er war jüngstes Mitglied des Radebeuler Stadtrats, ist aber leider viel zu früh an seinem 29. Geburtstag 2014 verstorben. Auch der frühere Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Karlheinz Kunckel (1944-2012), lebte mit seiner Familie in Radebeul.
An das Wirken eben dieser Sozialdemokraten möchten wir am 19. August erinnern. Nicht mit langen Reden, sondern mit einer Radtour, zu der wir alle Radebeuler*innen hiermit herzlich einladen. Die Tour wird zu den Orten führen, die mit der Geschichte der Sozialdemokratie in Radebeul verbunden sind. Mitglieder unseres Ortsvereins werden an den einzelnen Stationen kurz erläutern, was die Stätten mit unserer Geschichte zu tun haben.
Die Tour startet um 13.00 Uhr am Heiteren Blick (gegenüber Bäckerei Münch Moritzburger Straße). Das Gebäude, in dem sich das Gasthaus Heiterer Blick befunden hat, wurde leider 2005 abgerissen. Dort befindet sich jetzt ein Parkplatz. Im Heiteren Blick traf sich einst der Ortsverein Niederlößnitz.
Weiter geht die Tour über den Ortsteil Naundorf (Niederwarthaer Str. 1, ehemals Gasthof Naundorf und Treffpunkt der SPD Naundorf), den Bürgergarten (Treffpunkt der SPD Kötzschenbroda/Niederlößnitz in 20er und 30er Jahren, hin zur Friedenskirche. Dort werden wir Beiträge unserer Zeitzeugen zur Neugründung der SPD in Sachsen hören. Auf dem Hauptfriedhof ehren wir Alfred Fellisch mit einem Blumengebinde und hören Erinnerungen seines Sohnes Manfred Arthur. Weitere Stationen sind das Rathaus und die „Scharfe Ecke“, die in den 20er und 30er Jahren Sitz des Ortsvereines der SPD war und eine Arbeiterbibliothek beherbergt hat.
Ziel der Radtour ist der Gasthof Serkowitz, in dem es ab November 1892 wiederholt sozialdemokratische und gewerkschaftliche Vortragsreihen gab. Erste Referenten waren prominente SPD-Funktionäre wie Reinhold Postelt (Mitglied des sächsischen Landtages), Julius Fräßdorf und Edmund Fischer (Mitglieder des Reichstages). Zu einem Vortrag von Fräßdorf am 10. Dezember 1892, der unter dem nach wie vor aktuellen Thema „Muß es immer Arme und Reiche geben?“ stattfand, kamen damals 160 bis 180 Zuhörer.
Wir danken Frau Karnatz vom Stadtarchiv für Rat und Tat bei der Entdeckung unserer Geschichte, Herrn Manfred Arthur Fellisch, sowie Herrn Mike Schmeitzner vom Hannah-Arendt-Institut, die uns mit Ihrem Wissen unterstützt haben.
Wenn Sie mehr über unsere Geschichte erfahren möchten oder Informationen für uns haben – besuchen Sie uns! Sie können am 19. August direkt mit uns ins Gespräch kommen, bei der Radtour dabeisein oder am Abend ab 18.00 Uhr im Gasthof Serkowitz mit uns feiern (bitte dazu anmelden). Kontaktieren Sie uns: SPD-Ortsverein Radebeul, Christine Ruby, c/o Bürgerbüro Martin Dulig, Meißner Straße 273 in 01445 Radebeul oder über spd-radebeul@email.de