„KLEIDER MACHEN LEUTE“ – HELGA ALSCHNER

Statt Ansprache für die Ausstellung bei Gräfes WEIN & fein

Liebe Kollegin !

Gern hätte ich zu Ihnen und für Sie gesprochen doch leider kann ich zur heutigen Ausstellungseröffnung nicht dabei sein.

Ich wünsche, dass es ein schöner, erfolgreicher Abend wird!

Schon als Studentin bin ich Ihnen immer mit Ehrfurcht begegnet- oft in der Nähe oder in den Landesbühnen: eine Frau, die immer besonders gekleidet war und sehr viel Selbstbewußtsein ausstrahlte- eine sehr interessante Frau!

Helga Alschner bei der Ausstellungseröffnung
Bild: F. Eisenkrätzer

Später bin ich glücklicherweise mit Ihnen ins Gespräch gekommen und bin bis heute beeindruckt über Ihre unbestechlich genaue Beobachtungs- und Beurteilungsgabe. Sie haben Theater mit gestaltet in einer Zeit, in der es noch nicht in Frage stand, ob Theater überhaupt wichtig ist – es war wichtig! Und das begehrte Studium für die Berufe des Theaters war – nach großer Auslese – eine erstrebenswerte Möglichkeit für ein sehr spannendes, abwechslungsreiches und aber auch anerkanntes Berufsleben.

Eine schöne Zeit ist das Beginnen: man liest die Stückvorlage (mehrere Male), trifft sich öfter mit dem Regieteam und es entsteht die Inszenierungsidee – immer im Wechsel zwischen der Auseinandersetzung mit dem Team und dem eigenen künstlerischen Anspruch.

Theater ist kollektives Tun von einzelnen, oft sehr ausgeprägten Künstlerpersönlichkeiten!

Was hier ausgestellt ist sind keine Ergebnisse, sondern Arbeitsmaterial für das Endprodukt THEATER.

Sozusagen „Bauzeichnungen“ für die Schneiderei.

Aber in diesem Falle sind es sehr genaue, mit kunsthistorischer Kenntnis, sich der Inszenierungsidee und Konzeption einordnende, liebevoll bis ins Detail und mit Humor und Menschenkenntnis gestaltete Figurinen.

Figurine »Brigella«
Bild: H. Alschner


Der praktische Teil der Arbeit der Kostümbildner- wieder ein kollektives Tun mit der Gewandmeisterin und der Schneiderei – sind:
– die Auswahl der Materialien bis zu den Knöpfen (macht sehr viel Vergnügen!)
– Festlegungen: der Schnitttechnik- wie historisch korrekt soll oder soll eben nicht das Kostüm sein?
– die Bühnentauglichkeit (z.B. schnelle Verwandlungen, Bühnenblutresistenztests u.v.a.)
– Möglichkeiten der Körpermodellage
– Wirkungen im Licht
– Kostümbearbeitung (Alterung, Verwundungen, Nässe, Schlamm etc.)
– natürlich die Anproben

Und nicht zu vergessen: Entwürfe für das dazugehörige Maskenbild. Viele Herausforderungen, die den Alltag niemals langweilig werden lassen!

Die Hürden der Durchsetzung haben sich in den Jahren verändert- war es in der DDR oft der Mangel an bestimmten Materialien – wurde dadurch aber auch sehr der Erfindungsreichtum angeregt. Heute sind es mehr die finanziellen (Un-)Möglichkeiten der Theater und die bei den ständig steigenden Produktionszahlen – warum eigentlich??? – ständig knapper werdende Zeit für eine Produktion. Aber immer steht die Aufgabe, mit dem Kostüm den Darsteller, sowohl in das ästhetische Konzept einzuordnen, als auch ihm zu erleichtern die Figur glaubhaft darzustellen. Es gäbe noch viel über unseren wunderbaren Beruf zu sagen. Sie selbst haben für den Fotoband von Gabriele Seitz „Dresdener Künstler im Blick“ folgende schöne Sätze formuliert:

„Meine künstlerische Tätigkeit gehört zur angewandten Kunst. Sie muss mehrere Kriterien erfüllen. So muss sie weitgehend den Vorstellungen der Regie ( im Theater und Film) entsprechen, eine genaue Ablesbarkeit der Entwürfe zeigen und es muss für die Herstellung durch die verschiedenen Gewerke genau ersichtlich sein, was gewollt ist. Eine z.B. farbig durchgestaltete Figurine ist heute schon eine Seltenheit, da sie oft durch Zeitungsausschnitte aller Art oder Computerentwürfe ersetzt wird. Dadurch fällt meist ein durchgestaltetes Blatt oder die Darstellung des einzelnen Charakters des Künstlers und seiner Rolle weg. Den genannten Kriterien habe ich bei meinen Entwürfen versucht gerecht zu werden. Ich hörte mir die Idee der Regisseure an, vertiefte mich in die Literatur und machte für Dutzende Kostüme erst Bleistiftzeichnungen. Viele Wochen hat mich das beschäftigt. Für alle fand ich das passende Outfit. Ich habe diesen Beruf mit großer Freude ausgeübt.“

HELGA ALSCHNER

Wir bewundern, dass Sie nach vielen Berufsjahren nun im 89.(!) Lebensjahr Ihren klaren Blick, Ihre Offenheit und Ihr Interesse für Theater und Bildende Kunst erhalten haben und freuen uns, dass Ihre Arbeiten in dieser Ausstellung für hoffentlich viele Betrachter zu sehen sind.

Ulrike Kunze
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Ausstellung vom 17.1. bis 1.3.2019 Di-Fr 11 – 18.30 Sa 9 – 14
Gräfes Wein & Fein – Hauptstraße 19 – 01445 Radebeul

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