»Unter demselben Blau, über dem nämlichen Grün…«

Mit dieser, dem Gedicht ›Der Spaziergang‹ (1795) von Friedrich Schiller entlehnten Umstandsbestimmung ist die aktuelle Sonderausstellung des Sächsischen Weinbaumuseums im Kavalierhaus der Hoflößnitz überschrieben. Gezeigt werden künstlerische Arbeiten des den Lesern der ›Vorschau‹ wohlbekannten Radebeuler Architekten Dr.-Ing. Dietmar Kunze, der im vergangenen Sommer plötzlich mitten aus dem vollen Leben gerissen wurde, in Groß Zicker, seinem geliebten, langjährigen Feriendomizil, dessen Bauten und Umgebung auch dem Zeichner Dietmar Kunze vielfach als Motive dienten.

Paradiesberg, Pastell, ohne Jahr
Bild: F. Andert

Architekten zeichnen, sie müssen es von Berufs wegen, und sie sollten es deswegen auch können, und nicht nur mit dem Reißzeug. Gerade an der TU Dresden, wo Dietmar Kunze von 1968 bis 1975 studierte, wurde das freihändige Zeichnen nach der Natur seinerzeit großgeschrieben. 1969, also gleich zu Beginn seines Studiums, begann Dietmar Kunze, Skizzenbücher zu führen. Im folgenden, an großen beruflichen Herausforderungen reichen halben Jahrhundert nahm er sie in den oft nur rar bemessenen Stunden der Muße mit und zur Hand, auf Reisen und bei Spaziergängen durch Dresden oder seine geliebte Lößnitz. Am Ende waren 40 Bücher gefüllt mit über 1.300 Skizzen und Zeichnungen, zunächst nur zum Privatvergnügen, um typische und besondere Situationen, Stimmungen, Perspektiven in Stadt und Land einzufangen und festzuhalten.

Blick in die Ausstellung
Bild: F. Andert

Vor 20 Jahren begann er, durch Künstlerfreunde ermutigt, die kleinformatigen Skizzen, in denen Farbe eine immer größere Rolle spielte, als Vorlagen für größere Arbeiten auf Papier zu benutzen, und arbeitete dabei versiert in verschiedenen Techniken: Tusche, Kohle, Pastell, Aquarell. Die Öffentlichkeit lernte den Künstler Dietmar Kunze erst 2009 mit der u.a. gemeinsam mit seinem Kollegen und Nachbarn Thilo Hänsel bestrittenen Ausstellung »frei hand – Architekten zeichnen« in der Radebeuler Stadtgalerie kennen. Für ihn war die allgemein in guter Erinnerung gebliebene Schau zusätzliche Ermunterung zur kreativen Arbeit.

Die gut 40 nun in der Hoflößnitz ausgestellten Blätter, großenteils Lößnitz- und Rügenmotive, fassen dieses letzte Schaffensjahrzehnt eindrucksvoll zusammen. Daneben sind über 30 von Kunzes Skizzenbüchern zu sehen, in denen der Betrachter dem Künstler bei der Arbeit der Motivfindung und Komposition quasi über die Schulter schauen kann. Die Auswahl der aufzuschlagenden Seiten war schwer, in der Zusammenschau werden aber viele Facetten eines großen Talents zumindest angerissen. Nicht nur angesichts der filigranen, aus oft reizvoll ungewohnter Perspektive kitschfrei hingeworfenen Lößnitzpanoramen ist zu bedauern, dass diese Skizzen Skizzen bleiben müssen.

Als Retrospektive zu Dietmar Kunzes 70. Geburtstag am 10. April geplant, hat die durch großzügige Leihgaben der Familie ermöglichte Ausstellung pandemiebedingt erst mit siebenwöchiger Verspätung und leider ohne Vernissage eröffnet werden können. Sie ist noch bis zum 12. Juli 2020 täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr in der Hoflößnitz, Knohllweg 37, in Radebeul zu besichtigen und soll, wenn der Virus will, Anfang Juli noch eine würdige Finissage erhalten.

Frank Andert

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