Friedhöfe sind aus historischer, sozialer und kultureller Sicht ein Spiegel unsere Gesellschaft. Sie erinnern an einstige Vorfahren und vermitteln Identität. Verdienstvolle Persönlichkeiten erfahren häufig mit der Erhaltung und Pflege ihrer Gräber durch die Gemeinde eine besondere Würdigung über Generationen hinweg.
Vor fünfundfünfzig Jahren verstarb am 23. Oktober 1965 der Radebeuler Maler Paul Wilhelm in seinem Haus Gradsteg 46. Beerdigt wurde er auf dem Johannesfriedhof in Naundorf/Zitzschewig. Neben Karl Kröner (1887–1972) und Karl Sinkwitz (1886–1933) galt Paul Wilhelm (1886–1965) in seiner Künstlergeneration als ein bedeutender Maler der Lößnitz. Zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 1956 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Radebeul verliehen und ab 1960 erhielt er eine Ehrenpension, die ihm in den letzten Lebensjahren das Arbeiten ohne fortwährende Sorgen um die Existenz ermöglichte. Postum erfolgte im Jahr 1967 die Umbenennung der Brühlstraße in Prof.-Wilhelm-Ring. Auch der sogenannte „Paul-Wilhelm-Flügel“ im Luthersaal der Radebeuler Friedenskirchgemeinde aus Wilhelmschen Besitz erinnert an den Künstler. Gemälde, Aquarelle und Grafiken von Paul Wilhelm befinden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen. Sowohl das Weingutmuseum Hoflößnitz als auch die Städtische Kunstsammlung Radebeul haben Arbeiten des Künstlers in ihrem Bestand. Umfassende Ausstellungen würdigten zu Lebzeiten als auch nach dem Tode in Radebeul sein
Schaffen, darunter im Jahr 1984 im Berg- und Lusthaus Hoflößnitz zusammen mit Werken von Karl Kröner. Personalausstellungen folgten 1986 zum 100. Geburtstag in der Kleinen Galerie Radebeul, 2011 zum 125. Geburtstag unter dem Titel „Das unvergänglich Schöne“ in der Stadtgalerie und 2015/2016 zum 50. Todestag mit Aquarellen aus der Sammlung von Gottfried Klitzsch in dessen privatem Anwesen.
Zu Paul Wilhelms bevorzugten Motiven zählten Lößnitzlandschaften, Blumenstillleben, Gartenstücke und immer wieder die Gattin Marion, welche dem damaligen Heimatmuseum Hoflößnitz zahlreiche Werke aus dem Nachlass des Künstlers als Schenkung übergab. Wenngleich Paul Wilhelm auch keine leiblichen Nachkommen hat, so ist die Verehrerschar seiner Kunst nicht unbeträchtlich. Es wäre erfreulich, wenn der kleine Text dazu anregt, des Radebeuler Künstlers und Ehrenbürgers, an seinem Todestag auf würdige Weise zu gedenken. Das beigefügte Foto zeigt den Zustand der Grabstätte am 21. September 2020.
Karin (Gerhardt) Baum