Kunst der Lüge e.V.

Wie wollen wir unsere Zukunft gestalten?

Mit diesem Artikel möchten wir den Neuen Radebeuler Kunstverein Kunst der Lüge e.V. vorstellen. Zur Ausstellung von Klaus Liebscher zu seinem 80. Jubiläum im Lügenmuseum hatten wir per Mail eingeladen. Da gab es Irritationen, denn es gab einen Kunstverein in Radebeul, der sich vor einigen Jahren aufgelöst hatte.

Der gemeinnützige Verein Kunst der Lüge wurde 2008 in Brandenburg gegründet und verlegte seinen Sitz 2012 nach Radebeul. Der Verein fo?rdert Kunst, Kultur und Denkmalpflege, den Dialog der Kulturen, internationale Kunstprojekte und die Pflege historischer Bauten, es gibt ca. 30 Mitglieder. Mitarbeiter und Ehrenamtliche setzen zahlreiche Kunstprojekte und Ausstellungen im öffentlichen Raum in Sachsen und anderen Bundesländern um. Mit einem langfristig angelegten kreativen Nutzungskonzept setzt er sich für die behutsame Instandsetzung der historischen Bausubstanz des 700-jährigen historischen Gasthofes Serkowitz ein.

Der Radebeuler Kunstverein Kunst der Lüge e.V. ist ein Labor zur Erfindung der Zukunft vor Ort. Er steht für Mut, sich auf Unbekanntes einzulassen und für Offenheit zwischen den Kulturen. Als Träger von Kunstprojekten warb er Förderungen von Land Bund Kulturraum, Landkreis und Stiftungen ein, 2020 in Höhe von 76.000 €. Von der Beantragung, Dokumentation, Mediengestaltung bis zur Abrechnung ist die Vereinsvorsitzende Dorota Zabka ein ganzes Jahr damit ehrenamtlich beschäftigt.

Hinter dem Lügenmuseum stehen KünstlerInnen und engagierte Menschen mit hohen Kompetenzen, die mit künstlerischen, ökologischen und soziokulturellen Initiativen das Haus unterstützen. Es entstanden zahlreiche Kooperationen mit Kinder- und Jugendorganisationen, mit KünstlerInnen aus Radebeul. Es gibt Netzwerke: KünstlerInnen und AktivistInnen der Friedlichen Revolution, die im Lügenmuseum mit Videos, Ausstellungen und Künstlerplakaten eine Stimme erhalten; KünstlerInnen, die eigene Kunstorte und kulturelle Biotope betreiben; KünstlerInnen die im öffentlichen Räum ebenso wie in ihrem Atelier praktizieren können und ein Team von Künstlern, die jährlich den Skulpturengarten auf den Elbwiesen errichten.

Kaum etwas scheinen wir derzeit dringender zu benötigen als Utopien – Ideen, Hoffnungen und Pläne, wie es weitergehen könnte. Obwohl allen bekannt ist, wie alles miteinander zusammen hängt und nur daraus konstruktive Zukunft gestaltet werden kann, folgen wir nicht dieser Erkenntnis. Daraus resultieren vielerorts Pessimismus, Angst und Wut, die sich impulsiv und rückwärtsgewandt mit der Forderung nach dem alten Zustand gegen die gerade unerträglich empfundene Situation entladen. Kunst dagegen weitet unser Blickfeld, öffnet alternative Weltentwürfe und macht Sehnsüchte und Alternativen sichtbar. Sie bieten Anlass zur Entwicklung neuer Lebensweisen und vor allem, kann Energien umformen und vermittelt das Selbstverständnis der Internationalität.

Und wie können wir selbst aktiv unsere Zukunft mitgestalten? Die Freiheitstheorie von Joseph Beuys wuchs aus dem Grundgedanken das „Noch-Nicht“- Erfolgte zu hinterfragen. Mit seiner Utopie Jeder Mensch ist ein Künstler spricht er von einer Gesellschaftsform, dessen Kraft aus dem kreativen Potenzial entwächst. Stets unvollständig, fragmentarisch war er im Austausch mit zahlreichen Mitstreitern. Im Osten vor dem Mauerfall waren intellektuelle Offenheit und Improvisation gleichzeitig Überlebensstrategien der Gegenkultur. Sie stifteten uns zur Rebellion gegen das vorherrschende Klima des moralisch verhärteten Systems an. Die daraus entstehenden Ereignisse von konkreter und vielfältiger Vergegenwärtigung, das ist unsere Erfahrung, können betonierte Identitäten auf brechen. Dahin allerdings führen keine Projekte oder Methoden, Voraussetzung ist eine Grundhaltung des Denkens und Handelns welche der Öffnung und Improvisation folgt. Heute steht eine Ästhetik des Widerstandes gegen eine totale wirtschaftliche Verwertung im Blick, denn bei den öffentlichen Gütern wie Luft, Wasser, Klima, Natur, Insekten, aber auch bei historischen Gebäuden hat die Wirtschaft total versagt.

Das führt uns zu dem Thema Defekte der Demokratie und welche Wege zu ihrer Reparatur beschritten werden können. Die größten „Baustellen“ der strukturimmanenten Demokratiedefekte sind mittlerweile bekannt. Obwohl sich die Mehrheit skeptisch über die praktischen Aussichten der eigenen (sowie anderer) Reformvorschläge zeigte, bleibt die unausgesprochene Zustimmung zur Frage „Wer soll normative Richtungen vorgeben, wenn nicht wir, die Bürger von Radebeul?

Der Verein Kunst der Lüge e.V. richtet sich an die regionale Kulturszene, Kultureinrichtungen und an ein breites Publikum aller Gesellschaftsschichten vom Kleinkind, Schüler/Studenten, bis zu den Senioren. Wichtige Themen der Aktivitäten sind die kulturelle Bildung unterschiedlicher Gesellschaftsschichten, Bewusstsein bilden für eine solidarische Gesellschaft und die Vermittlung der europäischen Idee. Die Besucher erfahren, wie kreative Kraft von Spiel, Konfrontation und Reibung es einem Bildenden Künstler erlaubt, in die Gesellschaft hineinzuwirken.

Hinter dem Namen Kunst der Lüge steht folgende philosophische Idee: die Lüge im Dienst der Wahrheit wäscht den Staub von den Sternen. Es geht also nicht um Lug und Betrug, sondern darum, Künstler und ihre Ideen zu fördern. Das Thema Lüge gehört in den Bereich der Illusionen, wie z.B. das Marketing, welches uns Überflüssiges schmackhaft macht und den Konsumenten Wünsche injiziert. Dagegen wirkt der Künstler mit der Dekonstruktion, um unreflektierte Verhaltensweisen des Alltag vor Augen zu führen und zu entlarven.

Interessenten können sich bei der Kunstvermittlung engagieren, Öffentlichkeitsarbeit, beim Verteilen von Flyern, bei der Renovierung des historischen Gebäudes, Kommunikation mit Kooperationspartnern oder mit Führungen durch die Kunstereignisse in die komplexe künstlerische Zusammenhänge einführen, um die inneren Kräfte der Kunst zu erleben.
Susanne Spillner aus Kaditz lädt jeden Donnerstag einen Künstler zum Mittag ins Lügenmuseum ein. Juliane Vowinckel berät die Antragstellung und ist bei den Projekten kommunikativ vor Ort. Dorota Zabka gestaltet die Medien und Reinhard Zabka steht für die künstlerische Ausrichtung der Vorhaben und viele Künstler engagieren sich.

Im Sommer sind wir mit einer „mobilen Klangreise durch die jüdische Welt“ im Rahmen von 1700 Jahren jüdische Welt auf der Hauptstrasse in Dresden zum Schaubudenspektakel. Dann wird auch eine Kurzfilmreihe Tatort Radebeul rund um den Gasthof entstehen. Auch dieses Jahr kommen wieder lokale und internationale Künstler umsonst und draußen zusammen und vermitteln in Altserkowitz auf unkonventionelle Art eine Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Das Kunstprojekt Freie Kunsthalle Radebeul, eine Freiraum Ausstellung geht noch bis Ende September 2021.

Reinhard Zabka
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Über Termine und weitere Details können Sie sich gern auf unserer Webseite www.luegenmuseum.de infomieren.

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