Von Kindern, Flügeln und Träumen

Liedermacher Gerhard Schöne mit Texten zu Gast in unserem Heft

Es ist uns eine große Freude die nunmehr zur Tradition gewordene Lyrikseite 2022 mit Texten von Gerhard Schöne versehen zu dürfen. Im Januar feiert der Liedermacher seinen 70. Geburtstag und dies ist im Sinne von „Vorschau & Rückblick“ eine besondere Gelegenheit, ihn in unserem Heft zu präsentieren. Mit seinem Lebensmittelpunkt in Meißen, wo er mit seiner Frau und den Kindern in ländlicher Idylle wohnt, lebt er nur ein kleines Stückchen außerhalb des Wirkungsraumes unseres Kulturheftes.
Gerhard Schöne hat sich im Osten Deutschlands wie wohl kaum ein Zweiter in die Herzen und Zimmer zahlloser Kinder und Jungebliebener gesungen. Dabei war seine Berufung zum Sänger und Geschichtenerzähler keinesfalls so vorgezeichnet. Aufgewachsen in einem sächsischen Pfarrhaus in Coswig zwischen fünf Kindern, vielen Tieren, Musikinstrumenten und vielen Gästen, erlebte er schon früh eine andere Perspektive auf die Lebenswelt der DDR. Und so bot die Kirche nicht selten einen geeigneten Schutzraum für Gedanken und Sehnsüchte. Besonders sein tiefverwurzelter christlicher Glaube ist so prägend für den Kompass seines künstlerischen Schaffens geworden. Konsequent verweigerte er den Dienst an der Waffe und leistete seine Zeit als Bausoldat ab.
Zunächst erlernte er den Beruf eines Korpusgürtlers, verdingte sich als Postbote und arbeitete als Mitarbeiter für musikalische Kinder- und Jugendarbeit in der Kirche. Seine Musikalität, gepaart mit der Gabe des Geschichtenerzählens, führten ihn zum Fernstudium an der Musikhochschule in Dresden.
Ab 1979 wagte er den Schritt in die Selbständigkeit und ist seither als freischaffender Künstler tätig. Bereits seine erste LP „Spar deinen Wein nicht auf für morgen“ von 1981 hatte einen überwältigenden Erfolg und schuf Flügel für die kommenden Jahre. Zu DDR-Zeiten erschienen fünf weitere Platten die sich millionenfach verkauften. Ihm gelingt es auf beeindruckende Weise, mit seinen musikalischen Bilderwelten einen ganz „eigenen Ton“ zu treffen, der es zudem vermag, die Herzen und Gemüter im Wiederfinden seiner selbst tief zu berühren. Mal kindlich, mal naiv. Und so entstanden Lieder und Geschichten für Groß und Klein, die jede nachwachsende Generation immer wieder neu erfahren kann. Geradezu verblüffend ist, dass die für uns Ostdeutschen heute so eindringlich bekannten Texte zu einer Zeit entstanden, als er selbst noch keine eigenen Kinder hatte.
Große Bekanntheit erlangte er durch seine Sammlung von Kinderliedern aus aller Welt sowie aus eigener Feder, allen voran „Kinderland“ und „Jule wäscht sich nie“.
Trotz seines frühen Erfolgs und hohen Popularität wollte er eines nicht sein – ein Star. Im DDR-Musikbetrieb blieb er mit seiner christlichen Anbindung der Obrigkeit zuweilen suspekt. Denn der „leise Rebell“ mischte sich zuweilen mehrdeutig mit kritischen Tönen ein und war auf Einladung ab und an im Rahmen von Evangelischen Kirchentagen im westlichen Ausland unterwegs.
Als erfolgreichster Liedermacher der DDR wurde er dennoch 1987 mit dem Kunstpreis und 1989 mit dem Nationalpreis geehrt.
Beim unerwarteten Aufbruch im Herbst 1989 brachte er sich neben anderen Künstlern aktiv in die Veränderungsprozesse ein. So sang er auf der legendären Großdemo am 4. November auf dem Berliner Alexanderplatz sein noch vor der Wende geschriebenes Lied: „Mit dem Gesicht zum Volke“, das sprichwörtlich zum Slogan dieser bewegten Tage wurde.
Die Nachwendejahre mit ihren massiven gesellschaftlichen Veränderungen gingen jedoch auch an der Liedermachergilde nicht spurlos vorbei. Er gehört zu den wenigen Künstler seiner Zunft, die sich bis heute ihr treues Publikum bewahren konnten. Mit Kreativität und Erfindungsreichtum entstanden immer wieder neuartige Projekte und Programme für Kinder und Erwachsene. Über 40 Schallplatten und CDs und zahlreiche Liederbücher sind so bis heute entstanden.
Sein unermüdliches Engagement für Kinder machten ihn zum UNICEF-Botschafter und viele Ehrungen wurden ihm für sein künstlerisches Schaffen zuteil. Eine Schule in Wolmirstedt (Sachsen-Anhalt) trägt seit 1993 seinen Namen.
2022 wird er uns mit alten und neuen Texten durch das Jahr begleiten. Und da er bereits im Januar Geburtstag feiert, beginnen wir mit (s-)einem Geburtstagslied, das inhaltlich an Aktualität nichts verloren hat.

Lieber Gerhard Schöne, wir senden an dieser Stelle alle guten Wünsche und hoffen, dass das kindliche Auge und Herz auch für künftige Lieder erhalten bleiben möge.

Sascha Graedtke,
im Namen der Redaktion

 

Biographische Notizen

• Jahrgang 1952, aufgewachsen in einem Pfarrhaus in Coswig b. Dresden
• Lehre als Korpusgürtler, Briefträger bei der Deutschen Post
• Mitarbeiter für Kinder- und Jugendarbeit in der Kirche, parallel Fernstudium an der Musikhochschule Dresden
• seit 1979 freischaffend als Liedermacher tätig
• 1987 Kunstpreis, 1989 Nationalpreis der DDR
• 1994 Verdienstorden des Landes Berlin
• Ernennung zum UNICEF-Botschafter
• 2002 Leo-Kestenberg-Medaille
• zweimaliger Träger des Preises der Deutschen Schallplattenkritik
• 1997 und 2003 Leopold-Preis des Verbandes deutscher Musikschulen
• 1996 Preis der Stiftung Bibel und Kultur im Bereich „Bibel und Liedermacher“.
• 2012 Deutscher Musikautorenpreis in der Kategorie „Text Kinderlied“
• 2016 Johann-Walter-Plakette des Sächsischen Musikrats
• ist in zweiter Ehe verheiratet, hat sechs Kinder und wohnt in Meißen b. Dresden

 

 

 

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