»Als Heimatmuseum führte schon seit einer Reihe von Jahren dieser Bau aus fröhlichen Winzerzeiten ein bescheidenes, leider zu wenig beachtetes Dasein. Jetzt findet eine vollständige Renovierung und pietätvolle Umgestaltung seitens der Stadtgemeinde Radebeul statt, damit das Hoflößnitzschloß als Stadtmuseum nicht bloß ein Zugapfel für Fremde und Einheimische wird, sondern auch zu kulturellen Zwecken und öffentlichen Festsitzungen geeignet erscheint. Erst jetzt wird ein größerer Besucherkreis mit Freuden erkennen, was für ein Kleinod sich dort auf dem Hügel inmitten des wieder zu neuem Leben erwachten Lößnitzweinbaues birgt.« So kündigte die ›Elbtal-Abendpost‹ vom 27. März 1939 die für April anberaumte Wiedereröffnung des Museums Hoflößnitz an, und die ›Dresdner Neuesten Nachrichten‹ trugen am 4. Februar aus gleichem Anlass sogar noch ein bisschen dicker auf:
»Ein Diamant beginnt neu aufzustrahlen.«
In den krisenhaften Spätjahren der Weimarer Republik hatte das provisorisch eingerichtete Heimatmuseum der ihm zugedachten Rolle als Besuchermagnet für den Fremdenverkehr in die Lößnitz kaum gerecht werden können. Zwei mit hochklassigen Leihgaben aus privaten und öffentlichen Händen aufwartende Sonderausstellungen in der Frühzeit des »Tausendjährigen Reiches« – im Mai 1933 »August der Starke und seine Zeit« und zu Pfingsten 1934 »Der Friedewald« mit wertvollen Karten und Dokumenten aus dem Staatsarchiv – ließen dann trotz sehr kurzer Laufzeiten immerhin aufhorchen. Erstere konnte in einer Woche fast 2000 Besucher verbuchen; danach ebbte der Strom aber schnell wieder ab.
Seit der Eingemeindung von Oberlößnitz nach Radebeul 1934 in städtischem Besitz, setzten im Frühsommer 1935, – inzwischen hatte sich Radebeul auch Kötzschenbroda einverleibt, – auf Initiative des Radebeuler Oberbürgermeisters Heinrich Severit Überlegungen ein, wie sich das Potential der Hoflößnitz besser nutzen ließe. Als erstes wurde eine Erweiterung des Museums ins Auge gefasst, wofür die Hausmeisterwohnung im Erdgeschoss des Lusthauses und die Jugendherberge im Dachgeschoss, der es seit Eröffnung an geeigneten Sanitäranlagen fehlte, weichen mussten. 1937 erfolgten umfangreiche Sanierungsarbeiten am Schloss; die schon für den Herbst vorgesehene Neueröffnung verzögerte sich aber um anderthalb Jahre, während derer das Projekt immer größere Dimensionen annahm. 1937 wurde die Anlegung eines botanischen »Freilandmuseums« auf dem Schlossgrundstück angekündigt, und als die neu ausgestatteten Museumsräume Anfang 1939 zunächst der Presse vorgestellt wurden, machten der Bürgermeister und der bei der Neugestaltung federführende Landeskonservator Dr. Walter Bachmann laut DNN »mit einem weiteren Plan bekannt: in einem andern Haus des Grundstückes ein Stadtmuseum unterzubringen.«
Die Attraktivität der Ausstellungsräume im Erdgeschoss des Lusthauses war durch die Sanierung und leihweise Überlassung einiger wertvoller Kunstwerke aus den Staatlichen Sammlungen Dresden beträchtlich gesteigert worden. Der weinbauliche Teil wurde durch zwei als historische Winzerwohnung eingerichtete Räume erweitert. Die vier 1914 angefertigten Jahreszeit-Dioramen fanden, zusammen mit geologischen und archäologischen Objekten, im ausgebauten Dachgeschoss ihren Platz. Das »Herzstück des Hauses«, der historische Festsaal, sollte fortan auch für offizielle Empfänge der Stadt genutzt werden und hatte dafür eine bis heute vorhandene Bestuhlung erhalten, die wohl erstmals bei der Gründungsveranstaltung der Sächsischen Winzergenossenschaft am 4. Mai 1938 zum Einsatz kam. Dem Geist der Zeit entsprechend verschwanden zwei der Tugend-Allegorien – die Weisheit (Sapientia) und die Würde (Dignitas) – an der Südwand des Saales hinter einem Vorhang, vor dem unter dem hakenkreuztragenden Reichsadler eine »Führerbüste« des Dresdner Bildhauers Fritz Maskos einen Ehrenplatz erhielt.
Im Juni 1939 führte die Kunsthistorikerin Dr. Elfriede Schulze-Battmann (1910–2001), Mitarbeiterin des »Heimatwerks Sachsen«, eine Inventarisierung des bislang zusammengetragenen Museumsgutes durch, und im Sommer erhielt das auf Anweisung des Oberbürgermeisters nun als »Heimathaus Schloß Hoflößnitz« firmierende Museum mit dem Kunstarchivar Hans Bertling (1891–1955) einen ersten festangestellten und qualifizierten Verwalter. Der durch den deutschen Überfall auf Polen am 1. September vor 85 Jahren ausgelöste Zweite Weltkrieg setzte der planmäßigen Museumsentwicklung dann aber bis auf weiteres ein Ende. Auch die im Sommer 1940 mit vier Konzerten erstmals veranstalteten »Sonntags-Kammermusiken« im Festsaal, die sich sofort großer Beliebtheit erfreuten, mussten nach der zweiten Saison wieder aufgegeben werden, als Anfang 1942 ein Arbeitskommando aus sowjetischen Kriegsgefangenen im Grundstück untergebracht wurde. (Fortsetzung folgt.)
Frank Andert