Radebeuler Miniaturen

Kluge Tiere?

„Glühwürmchen lassen sich nicht fotografieren …“

Es ist gegen Mitternacht, als mich der Satz erreicht. Eine Freundin hat ihn mit flinker Hand der Tastatur anvertraut. Gleich sehe ich sie vor mir, die grünlich fluoreszierend schwirrenden Punkte, die in dunkler Nacht von Leben künden – so hat mich das Bild auf Umwegen doch erreicht.

Der Satz freilich erinnert mich an ein Erlebnis, das nun einige Jahre zurückliegt.

Mit einem der Enkel besuchen wir den Tierpark in E. Es soll dort ein Gehege geben, in dem sich die Besucher frei zwischen (relativ) frei lebenden Affen bewegen dürfen. Die Attraktion wollen wir uns nicht entgehen lassen. Auf dem Weg dort hin überlegte ich, wer wohl den größeren Spaß dabei hätte, die Tiere oder wir?

Das flache hölzerne Einlaßhäuschen mit seiner Torgasse erinnert durch seinen zentralen Turmaufbau fatal an ein Lagertor. Aber das fällt wohl nur mir auf. Schon von draußen jedenfalls mahnen uns große Schilder, unsere Bratwurst aufzuessen und alle bewegliche Habe vor dem Betreten der Anlage gut zu verstauen. Am Gittertor aber erwartet uns das enttäuschende Schild „heute geschlossen“.

Gemeinsam mit einigen anderen Besuchern versuchen wir, durch die Gitterstäbe hindurch einige der Insassen wenigstens aus der Ferne zu Gesicht zu bekommen. Aber sieh! Gleich hinterm Eingang sitzt einer auf einem Pfahl und mustert interessiert die Leute vor der Tür. Staunt er, daß sie nicht eintreten? Seine Blicke gleiten mit überlegener Neugier über uns hinweg, bis – ja, bis mein Nachbar die Kamera vors Auge hebt. Betont langsam dreht uns der andere den Rücken zu. Da sitzt er nun und blickt offenbar in das gleiche Grün wie wir, wo er seine Kameraden weiß, deren Anwesenheit wir bestenfalls ahnen können. Zwei, vielleicht drei Minuten hält mein Nachbar durch, dann läßt er die Kamera sinken und geht mit einem gebrabbelten, „dann eben nicht“ seiner Wege. Und siehe, kaum ist er weg, nimmt der Affe auf dem Pfahl seine bisherige Stellung wieder ein und tut, als wäre nichts gewesen. Wer freilich will kann den Schalk in seinen Augen blitzen sehen.

Affen brauchen keine Datenschutzverordnung, kluge Tiere lassen sich nicht fotografieren…

Thomas Gerlach

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