13. Thematischer Filmclubabend

Das Radebeuler Wanderkino „Film Club Mobil“ zeigt am 17. Oktober 2024 um 19 Uhr im Alchemistenkeller der Alten Apotheke (Altkötzschenbroda 48) den DEFA-Film „Sonnensucher“. Der Film zählt zu den sogenannten Verbotsfilmen der DDR, was aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbar ist.

Der Regisseur Konrad Wolf (1925–1982) wurde mit Filmen wie „Der geteilte Himmel“ (1964), „Ich war neunzehn“ (1968) und Solo Sunny (1980) international bekannt und gilt als einer der wichtigsten Regisseure in der DDR. Dass er sich dem komplexen und konfliktreichen Thema des Uranbergbaus der sowjetisch-deutschen Wismut AG auf dem Gebiet der DDR zugewendet hat, mag nicht zuletzt in seiner ungewöhnlichen Biografie begründet liegen. Die Jugend verbrachte er mit der Familie im Moskauer Exil. Sein Vater war der Arzt und Schriftsteller Friedrich Wolf (1988–1953). Als Siebzehnjähriger trat er in die Rote Armee ein und gehörte als Neunzehnjähriger zu den Truppen, die 1945 Berlin eingenommen haben. Bis 1954 studierte Konrad Wolf an der Moskauer Filmhochschule und arbeitete danach bei der DEFA. Eine produktive Zusammenarbeit verband ihn über viele Jahre mit dem Kameramann Werner Bergmann (1921–1990), der über reiche Erfahrungen als Fotograf und Dokumentarfilmer verfügte.

Das Filmdrama „Sonnensucher“ ist als eine Art Appell für das Menschliche im Menschen zu verstehen. Wolf wollte zeigen, dass durch die gemeinsame Arbeit aus Hass und Misstrauen Freundschaft werden kann. Doch Wolf geriet zwischen das politische Tauwetter und die starre Borniertheit ängstlicher Funktionäre. Schon während des Entstehens lastete auf dem sehr realistischen Film der Vorwurf des Antisowjetismus. Es wurden Szenen gekürzt, gestrichen und nachgedreht. Als der Film 1958 endlich fertiggestellt war, wurde er schließlich verboten. Erst ab 1972 kam es zu öffentlichen Aufführungen und im Jahr 1975 wurde der Film mit den „Kunstpreis der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ ausgezeichnet.

Unabhängig von der schwierigen Entstehungsgeschichte des Films „Sonnensucher“, handelt es sich um ein interessantes Zeitdokument des Wismut-Alltages im Erzgebirge aus den frühen Jahren der DDR. Konrad Wolf war es gelungen, ein außerordentliches Ensemble zusammenzustellen mit hervorragenden Schauspielern, welche die widersprüchlichen Charaktere der Akteure überzeugend verkörpert haben. Vor allem Manja Behrens (Emmi) und Erwin Geschonneck (Jupp) beweisen ihr komödiantisches Talent. Die spritzigen Szenen voller (über)lebenskluger Gewitzheit nehmen dem Film seine mitunter ideologisch überfrachtete Schwere. Spannend ist auch, dass Lotte, dargestellt von der bei Drehbeginn 16jährigen Ulrike Germer, durch ihre Beziehungen zu sehr unterschiedlichen Männern nicht zerbricht, sondern reift und an innerer Stärke gewinnt. Der hohe künstlerische und menschliche Anspruch macht diesen frühen DEFA-Film auch heute noch sehenswert.

Sonnensucher

Fertigstellung 1958, im Kino ab 1972, Spielfilm, DDR, DEFA, 111 Min., s/w, FSK 12

Regie: Konrad Wolf; Drehbuch: Paul Wiens, Karl Georg Egel; Musik: Joachim Werzlau; Kamera Werner Bergmann; Schnitt: Christa Wernicke; Besetzung (Auswahl): Ulrike Germer, Günther Simon, Erwin Geschonneck, Manja Behrens, Wiktor Awdjuschko, Willi Schrade

Kurzinhalt: Der Film spielt im Jahr 1950 – ein Jahr nach Gründung der DDR, fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und fünf Jahre nach den US-amerikanischen Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Das atomare Wettrüsten hat begonnen und Uran wird als Rohstoff dringend gebraucht.

Die komplexe Gemengelage der großen Weltpolitik hinterlässt Spuren auch im Alltag jedes einzelnen Menschen. Zwei Frauen unterschiedlichen Alters, deren Wege sich mehrfach kreuzen, versuchen sich in der Nachkriegszeit durchs Leben zu schlagen. Die etwas schüchtern wirkende Lotte ist eine Waise und fast noch ein Mädchen. Emmi hingegen, welche früher in einem Zirkus aufgetreten ist, wirkt selbstbewusst und couragiert. Mit Prostitution verdienen sich beide ihr Geld. Bei einer Razzia werden sie aufgegriffen und zur Arbeit im Uranbergbau verpflichtet. Dort treffen die verschiedensten Menschen aufeinander, darunter Idealisten, Abenteurer und Karrieristen, aber auch Huren, Gestrandete und ehemalige NSDAP-Mitglieder. Konflikte zwischen der sowjetischen Betriebsleitung und den deutschen Arbeitern sind an der Tagesordnung. Fachleute sind rar und die Arbeitsunfälle häufen sich. Während Emmi ihrem einstigen Zirkuspartner, dem Kommunisten Jupp wiederbegegnet und die alte Liebe neu entflammt, hat sich Lotte in den ungestümen Bergmann Günter verliebt. Weil der sich jedoch als wenig sensibel erweist, verlässt sie ihn schließlich. Als nun der Obersteiger Franz Beier ernsthaft und ausdauernd um sie wirbt, gibt sie dessen Werben nach und wird seine Frau. Als ihm Lotte gesteht, dass sie ein Kind von einem anderen Mann erwartet, schickt Franz sie nicht weg. Er hat Lotte gern und will dem Kind ein guter Vater sein. Doch kurz darauf stirbt er bei einem Grubenunglück. Lotte lebt nun allein mit ihrem Kind. Ihre große, aber unerfüllte Liebe gilt noch immer dem Ingenieur Sergej, dessen Frau im Krieg von Deutschen ermordet wurde. Erst am Tag seiner endgültigen Rückkehr in die Sowjetunion bekennen sich beide zaghaft zu ihren Gefühlen, wohlwissend, dass ein Zusammenleben niemals eine Chance haben würde. Doch beide sind noch jung. Sie stehen am Anfang ihres Weges. Und so verabschiedet sich Sergej mit den zuversichtlichen Worten: Du wirst glücklich sein und nicht allein… du und dein Kind, lass es lächeln wie du… Das Schlussbild zeigt Lotte mit ihrem zweijährigen Kind an der Hand. Der Weg ist gesäumt von neugebauten Wohnhäusern und am Horizont türmen sich die Abraumkegel des Uranbergbaus…

Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e. V.
Anmerkung: unter Verwendung von verschiedenen Filmbegleitmaterialien und Wikipedia-Eintragungen.
Information und Reservierung unter: 0160-1038663.

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