Im Oktober waren wir in unserer kleinen Museumsgeschichte bis in die spannende Zeit um die deutsche Wiedervereinigung gekommen. Das verbleibende letzte Drittel der ersten 100 Jahre dieser Geschichte haben viele von Ihnen, verehrte Lesende, selbst mitverfolgt, wenn nicht sogar mitgestaltet. Deshalb sei hier nur noch an einige wesentliche Weichenstellungen erinnert auf dem Weg zum Sächsischen Weinbaumuseum.
Im Übergangsjahr 1990 bekannte sich die Stadt Radebeul in ihrer Kulturkonzeption klar zu ihrer Verantwortung für die Hoflößnitz und stellte, unterstützt durch eine Empfehlung des Instituts für Denkmalpflege, bei der Treuhandanstalt den Antrag, die 1949 zwangsweise verstaatlichten Teile der historischen Anlage wieder in ihr Eigentum zurückzuführen. Dies erfolgte im August 1992. Anderthalb Jahre später beschloss die Stadtverordnetenversammlung eine inzwischen erarbeitete »Satzung für die historische Weingutanlage Hoflößnitz«, die in ihren Kernpunkten die Unveräußerlichkeit des Ensembles, seine Pflege, Erhaltung und Gestaltung nach denkmalpflegerischen Grundsätzen sowie seine Nutzung als Weinbaumuseum mit einem vielseitigen kulturellen Angebot festschrieb.
In welcher Rechts- und Betriebsform dies geschehen solle, war in der Folge Gegenstand intensiver Beratungen eines von der Stadt eingerichteten projektbegleitenden Arbeitskreises, der auch Fragen der wirtschaftlichen Nutzung der zum Grundstück gehörenden Weinbauflächen behandelte. Parallel wurde der bauliche Zustand der Anlage untersucht, um den Investitionsbedarf für eine denkmalgerechte Sanierung abschätzen zu können. Die Ergebnisse flossen in die von der Stadtverwaltung beauftragte und von Dr. Werner Hartung, Hannover, im August 1995 vorgelegte »Gesamtkonzeption zur Sicherung und Entwicklung der historischen Weingutsanlage Hoflößnitz« ein, die vom Stadtrat einstimmig zur verbindlichen Arbeitsgrundlage für das weitere Handeln erklärt wurde. Die komplexe Struktur der Hoflößnitz aus gemeinnützigen ideellen (Museum, Kultur) und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (Weinbau, Gastronomie) wurde danach 1996/97 neu geordnet, indem erstere in die Trägerschaft einer Stiftung und letztere in die Betriebsform einer GmbH überführt wurden. Die Satzung der Stiftung Hoflößnitz, der die Stadt im Stiftungsgeschäft die Liegenschaften und weinbaubezogenen Sammlungen übertrug, fußt, was Zweck und Aufgaben anlangt, auf den 1994 getroffenen Festlegungen. Das Weingut schlug den bereits vorgezeichneten Weg zum ökologischen Weinbau ein, als erstes in den Neuen Bundesländern. Bindeglied war und ist ein funktionales Miteinander von Stiftung und Weingut.
Dass die in dem von Dr. Hartung 1995 skizzierten Kosten- und Finanzierungsplan allein für Baumaßnahmen kalkulierten gut acht Millionen DM in dem ursprünglich ins Auge gefassten Zeithorizont bis 1999 nicht aufzubringen waren, wird niemanden überraschen, der diese an dringenden Aufgaben reichen und wirtschaftlich schwierigen Jahre bewusst erlebt hat. Verlässlich gewährte jährliche Zuwendungen seitens der Großen Kreisstadt Radebeul und des Kulturraums Meißen, Sächsische Schweiz, Osterzgebirge, Pachteinnahmen von der Weingut Hoflößnitz GmbH und erfolgreich eingeworbene Fördermittel etwa der Denkmalpflege, der Landesstelle für Museumswesen oder der Sparkassenstiftung, vielfältige ehrenamtliche Unterstützung durch den Förderverein »Kulturlandschaft Hoflößnitz« und andere sowie der sprichwörtliche lange Atem ihrer Gremien und Mitarbeiter setzen die Stiftung aber in die Lage, ihre Kernaufgaben im ideellen Bereich zu erfüllen. Verwiesen sei nur auf das u. a. mit mehreren großen Sonderausstellungen begangene Doppeljubiläum »350 Jahre Lust- und Berghaus« und »600 Jahre Hoflößnitz« 2000/01 oder die seit 1993 in ununterbrochener Folge veranstaltete hochklassige Reihe »Kammermusik in der Hoflößnitz«.
Die wesentliche Voraussetzung dafür, den aufgelaufenen Sanierungsstau zu überwinden, schuf der im Juni 2008 einstimmig gefällte Stadtratsbeschluss zur Fortschreibung des materiellen Konzeptes für den Gesamtkomplex Hoflößnitz. Eine großzügige Zustiftung in Höhe von 1,75 Mio. Euro, mit der sich die Stadt einmal mehr zu »ihrer« Hoflößnitz bekannte, ermöglichte die seitdem erfolgten und beim Pressenhaus durch Fördermittel des Freistaates unterstützen Sanierungsarbeiten, durch die die Anlage zur Freude aller heute schöner dasteht als je. Dass das Museum mehr Platz benötigt, um seine Sammlungen und damit die Geschichte des sächsischen Weinbaues umfassend und attraktiv präsentieren zu können, ist seit langem klar. 2012 rückte deshalb das Bergverwalterhaus (Kavalierhaus) ins Zentrum der musealen Entwicklungskonzeption. Nach umfassenden Planungen, die u. a. die Einbeziehung des gesamten Erdgeschosses dieses Gebäudes in den Dauerausstellungsbereich unseres Museums vorsehen, stellte die Stiftung Anfang dieses Jahres den Bauantrag, der am 22. Oktober genehmigt wurde. Auch wenn unsere kleine Jubiläumsserie hier endet, bleibt also eines gewiss: Eine Fortsetzung folgt.
Frank Andert