Zum Thema: Mein Beitrag zur Reihe: „Als die Läden noch die Namen von Leuten trugen“

Immer, wenn ich an die Lebensabschnitte meiner vor zwei Jahren im Alter von 102 Jahren verstorbenen Mutter denke, fällt mir nicht zuerst die Altneubauwohnung in Radebeul-Ost, wo sie über 60 Jahre gewohnt hat, ein. Ich erinnere mich vielmehr an unser kleines Häuschen in Radebeul-West, Am Gottesacker, gegenüber vom Friedhof, hinter der Werkstatt des Steinmetzmeisters Lehmann.

Am anderen Ende unseres (für mich damals großen) Gartens führte die Eisenbahnstrecke Dresden-Leipzig vorbei, die in den 50er Jahren noch mit Dampfloks, die jedesmal unser Haus zum Beben brachten, befahren wurde.

Der hintere Bereich des Gottesackers mündete in den sogenannten Feldweg, der in Richtung Serkowitz verlief, und wo wir zwischen Goldruten und Gebüsch wunderbar und ungestört spielen konnten. Es soll im Gottesacker auch eine Waffelbäckerei gegeben haben, an die ich mich nur noch undeutlich erinnere.

In unserem Nachbarhaus wohnten Roßbergs, einer der Söhne betrieb eine Zierfischzucht und wir bewunderten oft die zahlreichen Aquarien mit den vielen exotischen Fischen.

Gleich daneben gab es die Gärtnerei Kühne(?), in der meine Eltern alljährlich preiswert Pflanzen und Sämereien kaufen konnten.

Weiter in Richtung Kötzschenbrodaer Straße befand sich unser Kindergarten, in dem ein Fräulein Wellemeier mit Argusaugen unseren Mittagsschlaf überwachte… Meine Schwester hatte diese „Bevormundung“ schon damals satt und ist ein paarmal einfach nach Hause gegangen…

An der Einmündung des Gottesackers in die Kötzschenbrodaer Straße begann für uns erst die eigentliche Stadt, denn es gab den Bäcker Wirthgen, bei dem wir uns mit Kuchenrändern versorgen konnten, Pauls Bierstuben (ehemals Restaurant Grosse), wo meine Eltern oft einkehrten, die große Gärtnerei Novitzky, und noch ein Stück weiter die Anhöhe hinauf den ersten Lebensmittelladen Wiske, ein Geschäft, in dem vom Hering bis zu Schnürsenkeln alles verkauft wurde. Um die Ecke in der Neuen Straße: der Friseur Frenkel und die Fleischerei Schiefner, man war auf kurzem Weg mit allem versorgt.

Nicht zu vergessen den Alten Friedhof und gegenüber einen weiteren Steinmetzmeister Heduschka am Ende des Gottesackers.

Durch die Vorwerkstraße führte uns unser Weg später für einige Jahre in die Herrmann-Ilgen-Schule, und am Ende der Harmoniestrße waren wir dann gleich im Zentrum von Radebeul-West auf der Bahnhofstraße.

Der Anger in Altkötzschenbroda bestand noch aus z.T. bewirtschafteten, z.T. verfallenden Bauernhöfen, deren drohender Abriss ja zum Glück verhindert werden konnte!

Der an den Kirchplatz mit der Friedenskirche und der alten Gaststätte „Oberschänke“ angrenzende Fürstenhain war mit gut erhaltenen Bauernhäusern trotz der zahlreichen Überschwemmungen durch die direkt davor fließende Elbe noch besser „in Schuss“.

Ende der 50er Jahre entschlossen sich meine Eltern, aus dem längst zu klein gewordenen Häuschen ohne Komfort in eine Neubauwohnung, die in der Nähe der Arbeitsstätte meines Vaters, der Chemischen Fabrik „von Heyden“, später AWD, lag, zu ziehen.

Schnell fanden wir Kinder neue Freunde, aber unser Garten fehlte uns allen doch sehr…

Sabine Weltzien, geb. Schettler

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Ein Kommentar

  1. Brigitte Lohmann (
    Veröffentlicht am Mo, 2. Dez.. 2024 um 12:54 | Permanenter Link

    Ich war sehr erfreut in diesem Artikel so vieles, mir bekannt vorkommendes zu lesen. ich war ja Nachbarin von Sabine. Mein Vater war der Fischzüchter. Bei so
    vielen Erinnerungen aus der Kindheit kann man schon sentimental werden.
    Vielen Dank für diese informativen Zeilen.
    Viele Grüße

    Brigitte Lohmann ( geb. Roßberg)
    ehemalige Wohnanschrift: Am Gottesacker 24

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