Nie wieder ist jetzt!

Stolpersteine für Gertrud und Wilhelm Schaye in Radebeul Augustusweg 1, Foto: T. Bendel

Am 27. Januar 2025 jährt sich die Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagerkomplexes bei Auschwitz in Ostoberschlesien, Sinnbild des Holocaust, durch die sowjetische Armee zum 80. Mal. Seit 1996 wird dieses Datum im vereinigten Deutschland in einem umfassenden Sinne als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus begangen. In Radebeul ist es seit 2010 gute Tradition, dass Schüler einer der örtlichen Oberschulen bzw. Gymnasien aus diesem Anlass eine Gedenkveranstaltung organisieren, bei der sie Ergebnisse ihrer Beschäftigung mit bestimmten Aspekten der NS-Diktatur und ihren Opfern öffentlich vorstellen.
In diesem Jahr wird das Gedenken einmal mehr durch Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 10 des Radebeuler Lößnitzgymnasiums gestaltet, die dazu am Montag, den 27. Januar um 18 Uhr in die Aula ihrer Schule, Steinbachstraße 21, einladen. Antonia Ubbelohde und Lenja Grötzsch aus der 10 B, die die Federführung übernommen haben, geht es diesmal besonders darum, dass Jung und Alt bei dieser Gedenkstunde über historische, aber auch über aktuell-politische Fragen ins Gespräch kommen. Anknüpfungspunkte für die Diskussion werden drei Impulsvorträge bieten, in denen die SchülerInnen Opfergruppen der NS-Herrschaft vorstellen, die wegen ihrer politischen Einstellungen verfolgt wurden, und die NS-Verbrechenskomplexe der Vernichtung »unwerten Lebens« im Rahmen der sogenannten Euthanasie sowie der aus rassistischen Motiven betriebenen »Ausrottung« der Juden Europas thematisieren.
Für Antonia Ubbelohde, die im vergangenen November in Köln – als einzige Teilnehmerin aus Sachsen – zur Anne-Frank-Botschafterin ausgebildet wurde, ist es dabei wichtig, die vom Anne-Frank-Zentrum formulierten Ziele dieser Funktion mit Leben zu erfüllen. Auf der Website des Zentrums heißt es dazu: »Mit ihren Aktionen leisten die Anne Frank Botschafter in ganz Deutschland einen wichtigen Beitrag für eine demokratische Gesellschaft und für das Gedenken an Anne Frank und den Holocaust. Als selbstbewusste Vorbilder inspirieren sie andere Jugendliche, sich ebenfalls mit Diskriminierungsformen in Geschichte und Gegenwart auseinanderzusetzen und sich für eine lebendige Erinnerungskultur und eine partizipative Gestaltung der Gesellschaft einzubringen. Das Lernen über die Geschichte des Nationalsozialismus und Holocaust bietet dabei eine besondere Chance: Es zeigt, wie sehr gesellschaftlicher Wandel vom Handeln Einzelner abhängig ist und welche Gefahr darin liegt, wenn Gesellschaften ihre humanen Werte verlieren.«
Schülerinnen und Schüler des Lößnitzgymnasiums engagieren sich seit Jahren aktiv und mit neuen Ideen für die Erinnerungskultur in Radebeul. So übernahm die Schule 2024 die Patenschaft für die am 17. Juni am Grundstück Augustusweg 1 neu verlegten Stolpersteine für die vom NS-Regime wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgten Radebeuler Gertrud und Wilhelm Schaye, und ein von Geschichtslehrerin Tanja Bendel betreutes Schülerteam entwickelte seit 2022 mit der Actionbound-App eine interaktive Stadtführung zum Thema »Verfolgung von Menschen jüdischen Glaubens in Radebeul (1933–1945)«, die seit Anfang September letzten Jahres online ist. Auch über dieses Projekt soll bei der Gedenkstunde am 27. Januar informiert werden. Daneben stehen musikalische Darbietungen von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums auf dem Programm.
»Die Erinnerung an das Vergangene ist der Schlüssel zur Zukunft«, lautet das Motto der Veranstaltung. Den engagierten Jugendlichen ist zu wünschen, dass möglichst viele am Thema interessierte Radebeuler ihrer Einladung Folge leisten und sich aktiv in die Diskussion einbringen. Die Aula des Lößnitzgymnasiums ist barrierefrei zu erreichen, und: »Nie wieder ist jetzt!«

Frank Andert

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