Zur derzeitigen Debatte „Mohrenhaus“ / Mohrenstraße in Radebeul

Mohrenhaus, Foto: S. Graedtke

Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass die Jugend den Drang hat, alles zu hinterfragen und manches zu verändern – die Alten sind „das Alte“ so gewohnt und wünschen, dass sich nichts oder nur wenig ändern möge. Erst mal ist es nahe liegend, dass ich als alter Radebeuler, inzwischen Rentner und dazu noch Denkmalschützer mich eher der zweiten Gruppe zugehörig fühle. Deshalb sage ich, die alten Namen haben Geschichte und mögen so bleiben! Ich würde mich freuen, wenn die Anfrage von Bürgerforum / Grüne / SPD, die durch eine Schülergruppe angeregt wurde, im Radebeuler Stadtrat nicht zwangsläufig zur Veränderung von altbekannten Radebeuler Haus- und Straßennamen führen müsste.
Hier nun meine Gründe zur Beibehaltung der Namen „Mohrenhaus“ und Mohrenstraße:

* Der Begriff „Mohr“ für einen dunkelhäutigen, hier lebenden Menschen ist seit Ausgang des Mittelalters üblich und nicht erniedrigend oder gar rassistisch gemeint, also ganz anders als z.B. „Nigger“. In der Barockzeit waren Mohren Dienstleistende, manchmal auch Spaßmacher an Herrscherhöfen. Sie waren anerkannte Personen und erhielten sicherlich einen Lohn.
* Der seit dem Zeitalter der Empfindsamkeit (1. Hälfte des 19. Jh.) gebräuchliche Name „Mohrenhaus“ (verschiedene Umbauten, zunächst Winzerhaus dann schlossartige Villa) bezog sich auf zwei Felskuppen, die im damals unbewaldeten Grundstück von Weitem wie zwei Mohrenköpfe (Begriff aus der Konditorware) aussahen. In der Zeit entstanden an verschiedenen Stellen in der Lößnitz ähnlich klangvoll-blumige Häusernamen, man denke nur an Haus Fliegenwedel, Haus Sorgenfrei oder Haus in der Sonne.
* Die Mohrenstraße heißt seit 1915 so, der Name bezieht sich auf das bereits existierende „Mohrenhaus“, obwohl dieses Haus nach der Moritzburger Straße (51) postalisch orientiert wurde.
* Der bekannte, dunkelhäutige Koch Andrew Onuegbu aus Kiel hätte sein Speiselokal „Zum Mohrenkopf“ sicherlich nicht so genannt, wenn er das als herabsetzend oder gar rassistisch empfinden würde.
* Überhaupt sollte man in Radebeul nach der begründeten Rück- und Umbenennungswelle von Straßen gleich nach der Wende nun mal zur Ruhe kommen, anstatt bei jeder neuen Idee, wie eine Straße noch besser heißen könnte, gleich die Straßenschilder zu ändern. Man denke nur an den „Rattenschwanz“ von anderen Änderungen bei einer Straßennamensänderung: neue Straßenschilder, neue Privat- und Betriebsadressen, Änderungen in Stadtplänen, Adress- und Telefonbüchern, neue Stempel und auch Änderungen der Denkmallisten – das „Mohrenhaus“ selbst ist ein Kulturdenkmal und in der Mohrenstraße fallen mir mindestens vier andere Kulturdenkmale ein.

Ich denke, die Argumente für die Beibehaltung des „Mohrenhauses“ und der Mohrenstraße sollten genügen, um den og. Änderungswillen zu stoppen. Vielleicht werde ich dem OB mal eine Vorschau in den Briefkasten stecken? Da wir derzeit in der „Vorschaurunde“ wegen Corona keinetatsächlichen Redaktionssitzungen durchführen können, betone ich, dass mein Artikel allein meine und nicht die Redaktionsmeinung wieder gibt.

Straßenschild, Foto: S. Graedtke

Dietrich Lohse

 

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