Lügenmuseum

Um die Zukunft des Lügenmuseums in Radebeul ging es bei der Feier zum Jubiläum der Kunsthalle am 12. September 2022. Denn das Lügenmuseum wird aktuell bedroht vom kulturellen Desinteresse einer Stadtverwaltung. Diese will ein Besucher aus aller Welt magnetisch anziehendes künstlerisches Gesamtkunstwerk auf dem Altar des schnöden Profits opfern. Doch am Horizont keimt Hoffnung für den Fortbestand des Museums.

Das 1990 vom Künstler Richard von Gigantikow begründete Sammlermuseum zog 2012 in den der Stadt Radebeul gehörenden ehemaligen Gasthof Serkowitz ein. Es ist seitdem Impulsgeber für die gesamte Region mit seinen ungewöhnlichen Exponaten sowie Träger künstlerisch gestalteter Stadtteilfeste und farbenprächtiger Beiträge zum traditionellen Radebeuler Herbst- und Weinfest.

Mit seinem eigenen maroden Charme bildet der Radebeuler Gasthof Serkowitz die ideale Bühne für den kunterbunten Kosmos fantasievoller Objekte, vieldeutige Licht und Klanginstallationen und eigenwillige Konstruktionen. Im Dienst der Wahrheit waschen Sir Richard von Gigantikow aka Reinhard Zabka und sein Team hier mit tausendundeiner Lüge den Staub des Alltags von den Sternen. Der schimmernde Spiegel, den sie der zwischen Unwahrheit und Wahrheit schlingernden Welt vorhalten, ist das erste und einzige Lügenmuseum der Welt.

Richard von Gigantikow aka Reinhard Zabka hat wieder Hoffnung, sein Lügenmuseum weiter im Radebeuler Gasthof Serkowitz führen zu können


Die Stadt Radebeul bietet kulturhistorisch einen ausgezeichneten Nährboden für Lügen. Hier lebte der Erzähler und Schriftsteller Karl May, einer der begabtesten und erfolgreichsten Aufschneider der deutschen Literaturgeschichte. Es spannt sich damit ein Lichtbogen der Lüge um den im Windschatten von Dresden liegenden Ort an der Elbe, den es auszunutzen gilt.

Von lokalen Politikern als störendes Sammelsurium von Sperrmüll und Trödelmarkt betrachtet, genießt das Lügenmuseum international höchste Anerkennung. Als Geheimtipp entwickelte sich das Haus der Heiterkeit zu einem Stern am Himmel der Kunstwelt.

Initiator Richard von Gigantikow wurde mit Kunstpreisen behangen. Er wurde zur Biennale nach Venedig eingeladen und stellte in Indonesien, Thailand, Burma, Italien, Frankreich, Polen, England und auf den Philippinen aus.

Augenzwinkernd beweist das Lügenmuseum, dass Humor, Ironie, Satire und Groteske hohe Akzeptanz beim Publikum finden. Das Paradoxon zwischen den oft schwerwiegenden gesellschaftspolitischen Ereignissen und deren künstlerischer Verarbeitung wird dabei sichtbar gemacht und auch aufgelöst. Schon aus diesem Grund ist es die Existenz des einzigartigen Museums wert, sich für seine Erhaltung als lebendiger Ort der schöpferischen Auseinandersetzung einzusetzen.

Dies wurde dann auch auf einem Podiumsgespräch deutlich, das anlässlich des Geburtstages geführt wurde. Kirstin Zinke, Geschäftsführerin Landesverband Soziokultur, Claudia Muntschick, Kreatives Sachsen, Juliane Vowinckel, Kulturgeografin, Stefan Wolle, Historiker vom DDR-Museum Berlin und Prinz Rupi aus Berlin sprachen über Wert und Bedeutung freier Kulturarbeit in einer polarisierenden Gesellschaft.

Dabei zeichnete sich als mögliche Lösung für den Fortbestand des Lügenmuseums ab, das Grundstück zum von der Stadt verlangten Preis von € 310.000,- zu erwerben und dem Museum damit langfristig eine Existenz zu sichern. Der Charme des Gebäudes in all seiner Morbidität würde auf diese Weise gewahrt bleiben, und die Künstler um Richard von Gigantikow könnten weiter an ihren anarchischen Projekten arbeiten.

Ein entsprechendes Angebot liegt der Stadt Radebeul vor. Es liegt nun an der Radebeuler Stadtregierung, eine zukunftsweisende Entscheidung zu treffen.

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