Für heiße Sommertage möchte ich Ihnen einen Spaziergang durch den schattigen Lößnitzgrund vorschlagen. Von der Straßenbahnhaltestelle „Weißes Roß“ aus wird der Weg bis Friedewald führen. Die Gaststätte „Weißes Roß“ wurde 1788 durch den Besitzer des Serkowitzer Gasthofes erbaut, als dieser alte Straßengasthof durch die Verlegung der Dresden/Meißner Straße auf die heutige Trasse seine Bedeutung verlor. Die 1884 eröffnete Bahnlinie Radebeul – Radeburg erhielt hier einen Haltepunkt, damit wurde das „Weiße Roß“ sozusagen „Bahnhofs“-Gaststätte. Heute kann man hier an Werktagen von 9 bis 15:00 einkehren. Hinter dem Stationsgebäude führt Mühlweg bergwärts. Ein Stück hin steht rechts über dem Weg die 1876 erbaute Grundschänke (heute Kulturhaus „Völkerfreundschaft“). Bei der Einmündung in die Lößnitzgrundstraße bietet sich uns ein schöner Ausblick auf die Weinberge mit dem „Haus Hoflößnitz“ (Museum), dem „Spitzhaus“ und dem „Turm der Jugend“ (früher Bismarckturm, errichtet 1907). Wir folgen der Lößnitzgrundstraße. deren schöne Robinien uns Schatten spenden. Der bald abzweigende Weg zur einstigen „Grundmühle“ ist Privatweg, seit sie Wohnhaus wurde. Beim Weitergehen blicken wir von oben auf sie. Schon 1461 als „Mehl unter Wahnsdorf“ genannt, war sie eine Mahlmühle, zu der ein Teich und ein Weinberg gehörten. Seit 1872 betrieb der Müller daneben Bäckerei, Wein- und Kaffeeausschank. Wir überqueren die Grundstraße und gehen nun den Promenadenweg entlang. der zwischen 1881 und 1905 vom Verein zur Verschönerung der Lößnitz angelegt wurde. Seinem Begründer Moritz Ziller zu Ehren schuf man die steinerne Bankgruppe. Die Tafel ist leider nur noch schwer lesbar. Der Weg führt am Bach entlang, an dem vorwiegend Schwarzerlen. Ahorn, Winterlinden und Robinien stehen. Während die Talhänge Buchen- und Eichenwald tragen. Hier sind noch Grünspecht, Singdrossel und Bachstelze anzutreffen. An Stelle der wenig schönen Gebäude des 1895 errichteten Elektrizitätswerkes befand sich um 1538 die der Familie v. Carlowitz auf dem Rittergut Hermsdorf gehörende Mühle. Sie wurde 1875 zur Dampfschneidemühle umgebaut und 1903 abgerissen. Bald erreichen wir den Abzweig, der rechts über die Geleise wieder zur Grundstraße führt. Vor uns erhebt sich der sogenannte „Todhübel“. auf dessen Höhe sich Reste einer Wallanlage aus frühdeutscher Zeit be?nden (1941 als Bodendenkmal eingetragen). Der Wald wird hier neben Buchen von Traubenstieleichen und Ebereschen gebildet. auch Waldrebe und verschiedene subkontinentale Pflanzen sind hier heimisch. Zwei etwa 30 Meter hohe Steinbrüche wurden im 19. Jahrhundert in den Berg geschlagen. Wir müssen ein Stück die Straße gehen, biegen dann links ein. um bei der „Meierei“ unseren Weg wieder zu erreichen. Auch die „Meierei“ war einst eine Mahl- und Schneidemühle auf Reichenberger Flur. Um 1881 baute sie die Fa. Gebr. Ziller zur Sommerfrische und Gaststätte um, der Mühlteich wurde zum Gondelteich. 1960 kam sie an die HO und mußte 1969 geschlossen werden. Unweit davon finden wir Häuser im Schweizerstil die gut erhalten sind. Wir überqueren den Meiereiweg, gehen weiter am Bach entlang, müssen über eine kleine Brücke und dann neben den Bahngleisen weiter. Links liegt der vom Bach durch?ossene Moorteich. Mit der nächsten Brücke kehren wir auf das westliche Bachufer zurück. Wenn wir Glück haben, können wir hier den Zaunkönig beobachten. Wir kommen an der „Scheffler-Mühle“ vorüber, die noch Futtermittel herstellt. Auch sie war schon 1570 vorhanden. wurde 1739 von Christian Scheffler erworben und ist seitdem im Besitz der Familie. 1880 wurde sie nach einem Brand in Stein errichtet. Wo der Weg auf die Straße nach Friedewald trifft, steht das ehemalige „Kurhaus Friedewald“. Es wurde 1899 als Hotel und Restaurant erbaut, bot 30 Zimmer mit Balkon, Gondelteich, Gaststätte, Autogarage und sogar Spezialküche für Diabetiker, Im Winter nutzte man es als Hotelfachschule. 1947 bis 1959 beherbergte es FDGB-Urlauber und dient seitdem als Internat für das Institut für Lehrerbildung. Leider sind Teich und Balkons verschwunden, und vom Park, der dendrologisch wertvolle Pflanzen enthielt, blieb nur wenig. Von hier können wir nach Friedewald hinaufgehen, zur Gaststätte und weiter zum Autobus nach Radebeul-West. Wer noch nicht müde ist, geht den Weg weiter, am Haltepunkt der Kleinbahn vorüber und kommt zur „Kaisermühle“. Ferienheim des VEB Schraubenkombinat Karl-Marx-Stadt. Es wurde 1909 als Villa erbaut, dann zur Gaststätte eingerichtet, beliebtes Auszugslokal. 1908 war das alte Mühlengebäude abgebrannt, nachdem der letzte Besitzer Kaiser 1903 den Betrieb eingestellt hatte. Damit haben wir fünf der sieben Mühlen kennengelernt. die der Bach einst antrieb. Der weitere Weg führt uns schließlich zum Bahnhof Friedewald-Dippelsdorf, von dem uns die Kleinbahn nach Radebeul-Weißes Roß zurückbringt.
Liselotte Schließer