Zeugnisse namhafter Architekten in Moritzburg

Auch die Ortschaft Moritzburg hat eine beachtliche Vielfalt von Bauten namhafter Architekten aufzuweisen. Diese Männer können mit Fug und Recht als wesentliche Mitgestalter unserer einzigartigen Kulturlandschaft über einen Zeitraum von nahezu 500 Jahren angesehen werden. Die meisten ihrer entworfenen Bauten prägen noch heute das Ortsbild. Im Folgenden sollen in zeitlicher Reihenfolge die hiesigen und andere wesentliche Zeugnisse ihres umfangreichen Schaffens dargestellt werden.

Das Zunftzeichen der Architekten
Bild: Archiv Ortsgruppe Moritzburg


An erster Stelle ist der Architekt Caspar Voigt von Wierandt (gest. 1560) zu nennen. Als Festungsbaumeister erhielt er von Kurfürst Moritz den Auftrag, für diesen im Friedewald ein Jagdhaus zu entwerfen. Er leitete auch zunächst diesen Bau. Wegen seiner umfangreichen Arbeiten im Zuge der Errichtung von Festungsbauwerken in Dresden und bei der Erweiterung des Dresdner Schlosses zu einer repräsentativen Residenz hat dann der Architekt Hans Dehn-Rothfelser (1500–1561) für Kurfürst Moritz von Sachsen das erste Jagdhaus im Friedewald auf einer flachen Felskuppe am damaligen Mosebruchteich vollendet. Das Holzmodell dieser etwas später von Paul Buchner umgestalteten ursprünglichen Anlage ist noch heute im Schloss Moritzburg ausgestellt. Die Grundform mit den vier markanten Ecktürmen ist teilweise auch in der jetzigen Gestalt des Schlosses noch ablesbar. Zunächst war Dehn-Rothfelser mit dem Umbau des Dresdner Schlosses nach dessen Brand im Jahre 1530 und mit der Erneuerung des Dresdner Elbtores zum Georgenbau am Schloss befasst. Ab dem Jahre 1542 bis 1546 erfolgte der Bau des hiesigen Jagdhauses, das schon bald den Namen „Moritzburch“ trug. Auch die Entwürfe zum Bau des Schlosses Klippenstein als Verwaltungssitz des Amtes Radeberg und für die erste Erweiterung der Dresdner Stadtbefestigung stammen von ihm.

Es sollten über 100 Jahre vergehen, bis ein weiterer namhafter Architekt sein Markenzeichen hier setzte. Es war der Oberlandbaumeister Wolf Caspar Klengel (1630–1691), welcher im Jahre 1656 von Kurfürst Johann Georg II. nach Dresden berufen worden ist. Dieser Kurfürst beauftragte Klengel, das Moritzburger Jagdhaus an dessen Westseite durch eine Kapelle zu ergänzen. Dieser Bau wurde 1661 bis 1672 ausgeführt und am 24. Juni 1672 als evangelisch-lutherische Kirche geweiht. Viele von Klengel für Dresden entworfene Bauten sind nicht mehr erhalten. Heute erinnern lediglich noch die heutige Gestalt des Dresdner Schlossturmes, Teile des Reithauses am Zwinger sowie die von ihm nach dem Brand von 1685 entworfene großzügige Straßenanlage der inneren Dresdner Neustadt an diesen genialen Baumeister, der auch August den Starken in Architekturfragen unterrichtete.

Späterer Nachfolger Klengels war der den meisten wohlbekannte Oberlandbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann (1662–1736), der zunächst noch unter Klengels Leitung im Dresdner Bauamt tätig war. Im Auftrag Augusts des Starken arbeitete Pöppelmann an der großzügigen Umgestaltung des Moritzburger Jagdhauses in eine vielgliedrige barocke Schlossanlage mit reicher Innenausstattung unter Einbeziehung der umgebenden Teiche und deren Umformung zum Schlossteich. Auch die Anlage der Schlossallee als neuem Verkehrsweg nach Dresden mit ihren noch erhaltenen damaligen Handwerkerhäusern (heute die Gasstätten Dreispitz und Forsthaus, die Apotheke und das Haus Schlossallee 17) sowie das ursprüngliche Gebäude des Gasthofes „Goldne Brezel“ entstammen seiner Feder. Ein Bild von der früheren Gestalt der „Goldnen Brezel“ befindet sich noch heute im Gastraum. Viele der von Pöppelmann entworfenen Bauten in Dresden und Umgebung können heute noch besichtigt werden: der Zwinger, das Berg- und das Wasserpalais in Pillnitz, das Taschenbergpalais, die obere Orangerie in Großsedlitz, die Pillnitzer Weinbergkirche oder die Matthäuskirche in Dresden-Friedrichstadt.

Teilweise zeitgleich mit Pöppelmann wirkte am Dresdner Hof der Oberlandbaumeister Johann Christoph Knöffel (1686-1752) – ein gebürtiger Dresdner. Verdienste um Schloss Moritzburg hat er sich insbesondere als Architekt der Innenausstattung erworben. Ursprünglich sollte Pöppelmann diesen Auftrag erhalten, aber dieser nahm ihn 1733 unter Verweis auf sein hohes Alter von 71 Jahren nicht an. Auch am Moritzburger Schlossumbau hat Knöffel mitgewirkt. Die Gestaltung der Schlossparkanlage erfolgte ebenfalls weitgehend nach seinen Plänen. Knöffel entwarf außerdem den Vorgängerbau des heutigen Fasanenschlösschens. Sein Hauptauftraggeber war indessen Graf Heinrich von Brühl. Nachdem diesem die Festungsterrasse von seinem König geschenkt worden war, hat Brühl den Baumeister mit den Entwürfen für alle damals darauf stehenden Bauten beauftragt: das Palais, eine Gemäldegalerie, eine Bibliothek sowie ein Belvedere. Sein architektonisches Hauptwerk war indessen das große Jagdschloss Hubertusburg in Wermsdorf.

Der Architekt französischer Herkunft Zacharias Longuelune (1669–1748) soll ebenfalls kurz erwähnt werden. Er hat sich insbesondere um die äußere Fassadengestaltung von Schloss Moritzburg verdient gemacht, die heute wieder erlebbar ist. Ebenso entwarf er die untere Orangerie in Großsedlitz sowie das Japanische Palais in Dresden.

Dem Architekten Johann Daniel Schade (1730-1798) verdankt die Ortschaft Moritzburg zwei Bauten im Rokokostil. Im Jahre 1782 wurde nach seinen Plänen das Fasanenschlösschen an der Stelle des Knöffelschen Vorgängerbaus errichtet. Als kleines „Paradies in der Nussschale“ wird es von vielen Besuchern bewundert. Auch das nördlich vom Schloss gelegene Hellhaus entstand im Jahre 1776 nach seinen Plänen anstelle eines vorher dort existierenden hölzernen Pirschhäuschens. In Dresden wirkte Schade u. a. als Architekt beim Um- und Erweiterungsbau des Marcolinipalais in Friedrichstadt (heute Stadtkrankenhaus), als Schöpfer des Dresdner Waldschlösschens sowie der Pillnitzer künstlichen Ruine. Außerdem leitete er ab 1783 die erste Wiederherstellung des im Siebenjährigen Krieg durch Beschuss beschädigten Dresdner Zwingers.

Nach über hundertjähriger Pause brachte ein weiterer Architekt ein markantes Bauwerk in unseren Ort: Richard Schleinitz (1861–1916). Von Ihm stammt der Plan für die Moritzburger evangelische Kirche an der Schlossallee. Sie wurde ab dem Jahre 1902 erbaut und am 7. November 1904 eingeweiht. Mit monumentalem Anspruch auf einem ehemaligen Weinberg errichtet, zeigt die Kirche an ihren Schauseiten reiche neubarocke Architekturformen – wie auch manche Dresdner Bauten aus dieser Zeit. Schleinitz schuf u. a. auch die Entwürfe für das Rathaus in Dresden-Coschütz sowie für einige herrschaftliche Mietshäuser und Villen in der Landeshauptstadt, vor allem im Stadtteil Blasewitz.

Als Vertreter der Reformbaukunst hat der Architekt Richard Riemerschmidt (1868–1957) ein interessantes Bauwerk im Landhausstil auf dem Grundstück Bahnhofstraße 17 entworfen. Es wurde im Jahre 1902 als Wohn- und Atelierhaus für den Moritzburger Tiermaler und Postkartengestalter Alfred Mailick gebaut. Nach 1945 befand sich darin ein Kindergarten. Gegenwärtig ist es wieder Wohnhaus. Riemerschmidt hat sich mit dem Bebauungsplan für die Gartenstadt Dresden-Hellerau, mit Entwürfen für die dortigen Reihenhäuser sowie für die Deutschen Werkstätten in Hellerau bleibende Verdienste in der Architekturgeschichte erworben.

Mit Peter Kulka (geb. 1937) hat Ende des vorigen Jahrhunderts ein in ganz Deutschland bekannter und geschätzter Dresdner Architekt für die Ortschaft Moritzburg ein baukünstlerisches Kleinod geschaffen: das Haus des Gastes an der Schlossallee. Sein Stil knüpft trotz seiner modernen Gestaltung mit dem konisch zulaufenden Dach an die Zeltdächer der Handwerkerhäuser aus Pöppelmannscher Zeit an, ohne diese nachahmen zu wollen. In der Landeshauptstadt Dresden schuf Kulka die Entwürfe für den Sächsischen Landtag sowie für die kunstvolle transparente Überdachung des kleinen Schlosshofes. Auch das wieder aufgebaute Potsdamer Stadtschloss (Sitz des Brandenburger Landtages) sowie weitere Bauten in anderen Bundesländern zählen zu seinen Architekturleistungen. Peter Kulka war zeitweise selbst Einwohner von Moritzburg.

Schließlich soll ergänzend noch der Moritzburger Baumeister und Architekt Hermann Ziller (1869– 1938) erwähnt werden. Sein überregionaler Bekanntheitsgrad reicht zwar nicht an denjenigen der vorgenannten Architekten heran. Seine Entwürfe und die von ihm errichteten ca. 40 Bauten in der Gemeinde Moritzburg rechtfertigen jedoch, dass dieser verdienstvolle Mann in unserem Beitrag erwähnt wird. Das erste Haus baute er Am Bahnhof Nr. 2, gefolgt vom Haus Zillerstraße Nr. 3. Sein Architekturbüro besorgte Entwürfe, Bauzeichnungen, statische Berechnungen Kostenvoranschläge und eine Bauberatung. Im Ortsteil Moritzburg ist eine Straße in der Nachbarschaft des hiesigen Bahnhofs nach ihm benannt.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass auch in der Ortschaft Moritzburg interessante Mosaiksteine deutscher Architekturgeschichte zu finden sind, an deren wesentliche Schöpfer sich zu erinnern lohnt.

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