Am 1. Dezember 1823 wurde das erste eigenständige Schulhaus in der damaligen Gemeinde Eisenberg/Moritzburg feierlich eröffnet. Damit fanden die bisherigen unwürdigen Unterrichtsbedingungen auf dem Dachboden des Hirtenhauses (siehe Abbildung, heute Kötzschenbrodaer Straße 13) das schon länger beabsichtigte Ende.
Bereits im Jahre 1820 setzte sich der Pfarrer Carl Gottlob Dittrich gegenüber der „wohllöblichen Schulinspektion“ für eine grundsätzliche Änderung der unzumutbaren Lernbedingungen ein. Hier ein Auszug aus seiner Beschreibung dieser Verhältnisse: „Der zum Unterricht der schulfähigen Kinder von der Gemeinde seither bestimmte Aufenthaltsort ist das dasige Hirtenhauß, in deßen Parterre die Wohnung des Hirten nebst mehreren angebauten Ställen befindlich ist, aus welcher man auf einer abgetretenen Stiege, die man füglich nicht als eine Treppe nennen kann, in die obere Etage gelangt, wo die Schulstube ist.“ Der damalige Lehrer Klare und der seinerzeitige Magister Hofmann werden noch deutlicher: “Das jetzige Schulhaus gleicht einem Gefängniße, droht Alters halber dem Einsturz, und ein Unglück ist dahero unvermeidlich, nicht zu gedenken, daß in der Schulstube kaum die Hälfte der Kinder schreiben können und meine Gesundheit als die der Kinder in der engen Stube wegen der allzu starken Ausdünstung und der großen Hitze schrecklich leidet. … Es ist auch die Schulstube von der Beschaffenheit, daß eine Abänderung gar sehr zu wünschen seyn mögte, in dem der Platz so enge ist, daß man insonderheit im Sommer für Dunst und Hitze kaum bleiben kann und dann bisweilen der Fall eintritt, daß Kinder in der Schule umfallen und ohnmächtig werden(!).“
Obwohl Pfarrer, Schulinspektion und Justizamt ununterbrochen zum Bau drängten, vergingen noch drei Jahre, bis man in der Gemeinde zu einem Entschluss kam. Inzwischen verfiel das Hirtenhaus immer mehr, und ein Bericht vom 25. Februar 1823 erklärt, „daß das selbst in polizeylicher Hinsicht alte ruinöse Gebäude nicht füglich länger gelitten werden kann.“ Derartige missliche Lernbedingungen dürften zumindest in ländlichen Regionen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts keine Seltenheit gewesen sein. Der deutsche Schriftsteller Wilhelm Raabe (1831 – 1910) schildert in seinem Roman „Der Hungerpastor“ (1864) ähnliche Zustände: „In einem dunklen Sackgäßchen, in einem einstöckigen Gebäude, das einst als Spritzenhaus diente, hatte die Kommune die Schule für ihre Armen eingerichtet, nachdem sie sich so lange wie möglich geweigert hatte, überhaupt ein Lokal zu so überflüssigem Zweck herzugeben. Es war ein feuchtes Loch… Klebrignaß waren die Tische und Bänke, die während der Ferien stets mit einem leichte Schimmelanflug überzogen wurden. Von den Fenstern wollen wir lieber nicht reden; es war kein Wunder, wenn sich auch in ihrer Nähe die interessantesten Schwammformationen bildeten. Ein Wunder war es auch nicht, wenn sich in den Händen und Füßen des Lehrers die allerschönsten Gichtknoten und in seiner Lunge die prachtvollsten Tuberkeln bildeten. Es war kein Wunder, wenn zeitweise die halbe Schule am Fieber krank lag.“
Zunächst gab es aber in der Gemeinde Eisenberg/Moritzburg einen sich länger hinziehendem Streit über den Standort des Schulgebäudes. Über den Bauplan einigte man sich indessen schneller. Er legte fest, „daß das neue Schulhaus 20 Ellen in der Länge mit Einschluß der Mauer und 12 Ellen Breite erhalten, unten gemauert, die Schulstube ins Parterre gelegt, oben unter dem Dache aber eine Stube, eine Kammer, Holzplatz und Vorhaus für den Schullehrer, zwey Abtritte an schicklichen Orten angebracht, die Eße von Ziegeln errichtet, das Haus mit Ziegeln gedeckt und die Giebel von Mauerziegeln ausgeführt werden sollten.“ Mit dem Bauanschlag und dem Bauplan wurden die ansässigen Baumeister Adam und Portmann beauftragt und von diesen bereits Anfang März 1823 vorgelegt. Rasch wurde der Bau vollendet. Mit Stolz und Freude wurde er am 1. Dezember 1823 feierlich eingeweiht.
Das „Großenhayner Unterhaltungs- und Intelligenzblatt“ vom 13. Dezember 1823 berichtet darüber eingehend: „Der Montag nach dem ersten Adventssonntage, der Tag Longini, der erste Schul- und Werktag des neuen Kalenderjahres 1824 (1. Dezember 1823) war dazu und zur ersten Schulprüfung bestimmt. Früh um 9 Uhr wurde die im alten Schulhause unter Aufsicht ihres Lehrers versammelte, aus 120 Seelen bestehende, festlich gekleidete Schuljugend, von der Schulinspektion, als Herrn Pastor Mag. Raschig zu Reichenberg … und des Königl. Beamten Herrn Kommissionsrath Dietrich, abgeholt und verließ den alten Ort ihres Unterrichts unter frommem Gesang. … Unten ordnete sich der Zug unter Vortritt eines ländlichen Musikchors. Erst der Lehrer Herr K. Dittrich, dann die Knaben, dann die Mädchen von ihrer Rednerin Demoiselle Franke geführt. Hierauf folgten die Schulinspektoren, das Personal des Königl. Amtes, mehrere Honoratioren des Ortes, die Land- und Amtsgerichten, die Gewerken, mehrere nachbarliche Schullehrer und dann die Eltern Paar und Paar. … Am neuen in der Mitte des Ortes gelegenen Schulhause waren Thüren, Fenster und Vorhaus durch Ehrenpforten, Kränze und Festons recht sinnig geziert; das Innere der Schulstube zeichnete sich durch seine freundliche Geräumigkeit, durch amphitheatralische Sitze für die Kinder und ein recht elegant gebautes und mit frischen Kränzen geziertes Katheder aus. … Die Worte des Lehrers, Herrn Dittrich, enthielten so manche treffende Wahrheit und bezeichneten den Mann von Charakter, der den geraden Weg seiner Pflicht zu gehen weiß. Der Gesang „Nun danket alle Gott“ schloß die Feier der Einweihung und die angestellte Schulprüfung gab die erfreulichen Beweise der Fortschritte der Jugend beiderlei Geschlechts, vorzüglich in gutem Gesange, Kopfrechnen und Katechisieren. Obrigkeiten und Eltern gaben den fleißigen Kleinen neue Ermunterungen und mit dem Festlied endete eine Feier, die ohne Prunk ihren Zweck erfüllte und der Jugend unvergeßlich sein wird.“ Wie die erste Moritzburger Schule damals aussah, zeigt die historische Abbildung. Das Gebäude existiert noch heute, allerdings in stark veränderter Form und mit starkem Bewuchs, wie es eine weitere Abbildung verdeutlicht (Kötzschenbrodaer Str. 20).
Die erste Moritzburger Schule wurde für eine Kapazität von 100 Schülern gebaut. Da schon zur Eröffnung 120 Schülerinnen und Schüler einzogen, war es absehbar, dass dieses Gebäude als Schulhaus nicht lange nutzbar sein würde. Schon im Jahre 1855 – also nach 32 Jahren – musste es wegen der unaufhörlich wachsenden Zahl schulpflichtiger Kinder durch ein wesentlich größeres Schulhaus in unmittelbarer Nähe ersetzt werden. Am 30. Juli 1855 wurde der zweite Schulbau feierlich eingeweiht. Er ist neben dem dahinter liegenden später gebauten dritten Schulgebäude(1890 – 1899) und dem in den Jahren 2005 bis 2008 errichteten modernen Erweiterungsbau auch heute noch Bestandteil der Moritzburger Grundschule. Und schon wieder wird an der weiteren Vergrößerung dieser traditionsreichen Bildungseinrichtung als der nunmehr fünften Baumaßnahme für die Moritzburger Grundschule bei der neu entstehenden Feuerwache gearbeitet. Damit haben die Kinder unserer Gemeinde in den ersten vier Schuljahren von der baulichen Seite her die erforderlichen guten Lernbedingungen.
Die Gruppe Ortschronik Moritzburg
(unter teilweiser Verwendung der Schulchronik von Arno Bader aus dem Jahre 1930)