Kräht der Hahn…
Das sind die Dinge, die den Menschen seit Gedenken umtreiben: wie wird morgen das Wetter? Er, von mir aus auch sie, tritt aus der Höhle, schaut nach dem Himmel – damals noch ohne höhere Gedanken – und will einfach nur wissen, ob es regnet und ob das Elefantenohr Marke Riesen-Taro mitgenommen werden muss oder nicht. Freilich kannten sie damals das technische Wunderding „Regenschirm“ und auch den weisen Spruch „Kräht der Hahn auf dem Mist…“ noch nicht, sonst hätten sie sich den Gang vor die Höhle gleich sparen können. Fairerweise muss aber zugestanden werden, dass der Hahn zu dieser Zeit noch nicht erfunden war!
Aber eigentlich ist das alles von niederer Bedeutung, denn seit tausenden von Jahren hat sich einfach nichts geändert. Zugegeben, statt dem Elefantenohr nehmen wir heute den vollautomatisch öffnen- und schließenden DAVEK SOLO UMBRELLA von davek New York für günstige 135,95 Euro mit. Nur an der nächsten deutschen Eiche sollten wir ihn nicht stehen lassen…
Wir laufen nicht mehr, fahren lieber mit dem eigenen Wagen und lassen uns dafür von unserem Physiotherapeuten des Vertrauens beibringen, wie wir den Fersensporn doch noch wieder wegbekommen können. Sonst aber hat sich wirklich nichts geändert. Wir hauen uns immer noch gegenseitig die Jutebeutel oder eben die Taschen Marke BALENCIAGA für schlappe 3.233,20 Euro von Monnier Paris voll. Man gönnt sich ja sonst nichts! Aber selbst in dieser Klasse werden die Dinge schon verramscht, denn das gute Stück hatte unlängst noch 17 Prozent mehr gekostet.
Wo man hinschaut herrscht Titanic-Stimmung, da will ich jetzt gar nicht erst in die große Politik einsteigen. Es reicht vollkommen, wenn ich mich in Radebeul einmal im Kreis drehe. Schon 1893 war bekannt, wenn man an der richtige Stelle angekommen ist, kann man das ganze Elbtal von Böhmen bis Meißen übersehen, vorausgesetzt, man schaut in alle Richtungen. Aber aktuell habe ich immer mehr den Eindruck, dass nicht wenige Zeitgenossen vor sich hinstarren und nur ihre Fußspitzen im Blick haben. Man sieht mehr, wenn man in die Ferne schaut. Wirklich!
Ob die Leute in der Lößnitzregion vor etwa 150 Jahren schlauer waren, kann ich wirklich nicht mit Sicherheit behaupten, zumindest wussten sie, was im Nachbardorf los war. Die Jugend aber war damals genauso beschäppert und unbelehrbar wie heute. Die Beispiele schenk mich mir. Und die Taschen hat man uns damals wie heute vollgehauen. Erst neulich sah ich ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert von der Loschwitzer Kirche in Dresden, die sich in den Wassern der Elbe spiegelte. Dabei ist der Bau über 500 Meter vom Ufer weg! Darüber habe ich lange nachgegrübelt.
Auch wenn man Sachse ist, muss man nicht gleich alles glauben, was in der Zeitung steht. Danach soll in Radebeul in Sachen Kultur ja alles paletti sein, nur mit dem Klo hätte es nach der Zeitung anfangs nicht so geklappt. Das habe sich aber auch erledigt. Warum nun daraus Nachteile erwachsen sind, steht für mich in den Sternen. Aber ich muss ja nicht alles verstehen. Entwicklung jedenfalls ist für die nächste Zeit nicht vorgesehen. Wir sollen froh sein, wenn wir behalten, was wir haben. Es ist zwar viel vom Geld und steigenden Ausgaben in dem SZ-Beitrag vom 3 Juli die Rede. Doch in der Hauptsache betrifft das die großen Dampfer. Was aber beim kleinen Verein ankommt, kann der Bürger selbst aus dem Haushalt der Stadt nicht herauslesen. Da kann einem im Festjahr schon das Jubilieren im Hals steckenbleiben, auch wenn die Kulturamtsleiterin liebend gern ein Lied für alle anstimmen würde. Mir klingt das mehr nach Flötentöne. Und wenn dann noch der geliebte Lößnitzdackel als „graue Maus“ durch die Landschaft zuckelt, ist auch dem letzten gutwilligen Radebeuler die Petersilie oder wohl eher der Lößnitzwein gehörig verhagelt, etwa so wie am 3. September 1884, als auf die Region Haselnuss große Hagelkörner niederging und die ganze Obst- und Weinernte versauten, meint
Euer Motzi.