100 Jahre Museum Hoflößnitz, Teil 10

Ende 1976 wurde das Radebeuler Heimatmuseum im Lusthaus der Hoflößnitz vorläufig geschlossen, um die Elektroinstallation zu erneuern und Holzschutzmaßnahmen am Dachstuhl vorzunehmen. Die dabei zutage tretenden Befunde – die Schäden waren größer als erwartet, und im Erdgeschoss kamen Reste der Ausmalung des 17. Jahrhunderts zum Vorschein – führten dazu, dass die unter der fachlichen Aufsicht von Dr. Heinrich Magirius (1934–2021) vom Institut für Denkmalpflege durchgeführten Arbeiten einen bedeutend weiteren Umfang annahmen als geplant. Hatte man zum 30. Geburtstag der DDR fertig sein wollen, überdauerte das Projekt den Arbeiter- und Bauernstaat um Jahre. Ziel war:

Das Kleinod soll wieder strahlen

Fest zum 80. Geburtstag des Puppenspielers Carl Schröder in der Hoflößnitz, Juni 1984 Foto: Archiv Stiftung Hoflößnitz

Unter Leitung des Radebeuler Malers Gunter Herrmann (1938–2019) und des Architekten Ulrich Aust (1942–1992), welcher die bauliche Instandsetzung betreute, wurde von 1977 bis 1985 zunächst das Erdgeschoss grundlegend saniert. Nach der Sicherung wurden im »Zehrgarten« und der »Tafelstube« erhaltene Ausmalungsreste freigelegt und andere Gestaltungselemente des 17. Jahrhunderts nach Befund wiederhergestellt. Dem Vorbild der Eingangshalle entsprechend erhielten auch die Böden der übrigen Räume einen Sandsteinbelag. 1982 konnten die Arbeiten am Dach und den Fassaden beginnen, die unter den erschwerenden Bedingungen der DDR-Mangelwirtschaft bis 1990 andauerten.

Am aufwändigsten war die Restaurierung der durch vorangegangene Übermalungen und eine Übernutzung der klimatisch sensiblen Räume schwer geschädigten Wand- und Deckengemälde im Festsaal und den kurfürstlichen Gemächern. Hierfür mussten zunächst geeignete Methoden entwickelt werden, wobei sich die Zusammenarbeit mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden und der Restaurierungswerkstatt von Schloss Moritzburg als fruchtbar erwies. Von ersten Vorstudien 1978 bis zur Fertigstellung des letzten Raumes 2001 beanspruchten diese nach höchsten Ansprüchen durchgeführten Arbeiten gut zwei Jahrzehnte. Mit der Schwellensanierung sowie Restaurierung der historischen Dielenböden und eines als einziges Originalmöbel erhaltenen Wandklapptischs in der fürstlichen Schlafkammer konnte die Restaurierung im Obergeschoss 2013/14 abgeschlossen werden.

Die friedliche Revolution von 1989 und die Veränderung der Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen ab 1990 eröffneten auch dem mitten in der Profilierungsphase steckenden Museum »Haus Hoflößnitz« neue Möglichkeiten. Leitgedanke einer von Museumsleiterin Ingrid Zeidler im Sommer 1991 vorgelegten Konzeption war die »Zusammenführung und umfassende Rekonstruktion der historischen Weingutsanlage […] und deren erweiternde Erschließung für die Öffentlichkeit«. Das Schlossgrundstück sollte in dem Umfang, wie es der Hoflößnitzverein 1912 erworben hatte, und in Übereinstimmung mit den Zielen des Landschafts- und Denkmalschutzes als lebendiges Museum die über Jahrhunderte entstandene Kulturlandschaft Hoflößnitz erlebbar machen, »mit einer Ausstellung zum Weinbau, einem Weinberg, einer Schoppenstube, Führungen, Weinverkostungen, Sonderausstellungen, verschiedenartigen Veranstaltungen und Festen.«

Vieles davon war im Kern bereits angelegt. Seit der Wiedereröffnung 1981 hatte das Museum während der laufenden Sanierung durchschnittlich drei Sonderausstellungen pro Jahr gezeigt, von denen einige über Radebeul hinaus große Beachtung fanden. Auch drängende Fragen des Denkmal- und des Umweltschutzes wurden schon zu DDR-Zeiten thematisiert. Unter dem Einfluss der zahlreichen an den Restaurierungsarbeiten beteiligten Künstler, die wiederholt Gelegenheit erhielten, eigene Werke zu präsentieren, hatte sich die malerische Anlage weit stärker als früher zu einem Ort des kulturellen Austauschs entwickelt. Seit 1983 fanden jährlich Kinderfeste statt, und mit der Eröffnung des ersten Teils der Dauerausstellung zum Weinbau im Raum Radebeul wurde 1987 die Tradition herbstlicher Weinfeste begründet. Nach der Erweiterung des Museumskonzepts auf die mit dem Weinbau eng verbundenen, vom Aussterben bedrohten Handwerke der Böttcherei und Korbmacherei waren auch die Sammlungen erheblich ausgebaut worden.

Neu war die an Traditionen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anknüpfende Idee, die Gesamtanlage museal, kulturell und gastronomisch zu nutzen und den Weinbau nicht nur in seiner historischen Dimension zu präsentieren, sondern historische und moderne Anbaumethoden auf den zugehörigen Weinbergsflächen auch praktisch zu demonstrieren und in einer Museumskelterei eigene Weine herzustellen. Dabei wurde von vornherein an einen Weinbau nach ökologischen Kriterien gedacht. (Fortsetzung folgt.)

Frank Andert

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