Glosse?

Da geht er…

Als vor einigen Jahren in Radebeul der Spruch „Abschied ist ein scharfes Schwert.“ die Runde machte, schien die Welt noch halbwegs in Ordnung zu sein. Obwohl, schaut man genauer zurück, klapperte es schon damals gewaltig. Die Eröffnung des Großflughafens in Berlin wurde zum vierten Mal verschoben. Edward Snowden hatte sich ausgerechnet in Russland in Sicherheit gebracht und das Afghanistan-Abenteuer ging endgültig in die Hose. Hoeneß hatte sich selber angezeigt, weil ihm Zweifel an seiner Person hochkamen – so einen Fall habe ich bisher hier noch nicht erlebt. Radebeuler Größen fuchtelten mit besagtem Schwert herum und mit nur acht Metern Hochwasser war die Stadt 2013 eigentlich ganz gut weggekommen.
So ist halt das Leben. Es wird vom Werden und Untergehen bestimmt und selbst der Tod partizipiert davon. Hätten wir das ewige Leben, würde der Gevatter ganz schön alt aussehen. Andererseits wären uns vielleicht all die unsinnigen Kriege erspart geblieben. Die Franken sollen ja im 7. Jahrhundert friedlich in unsere Region eingezogen sein, die sich damals noch Elbgermanien nannte. Und, man will es nicht glauben, das Zusammenleben funktionierte einigermaßen. Überhaupt hatte ja die große Völkerwanderung die Menschheit in Europa ganz schön durcheinandergewirbelt. Da ist die seit 1990 durch Zuwanderung um ca. 250.000 Personen pro Jahr gestiegene Bevölkerung der Bundesrepublik eine geradezu lächerliche Größe. Pro Stadt und Landgemeinde sind das durchschnittlich nicht mal 60 Personen jährlich! Da kann ich das ganze Geheule nun wirklich nicht verstehen.
Warum fällt mir gerade jetzt Roger Whittaker ein? Weil er vor einem reichlichen Jahr von uns „gegangen“ ist – wohin eigentlich? Er wurde ja in Nairobi geboren, der Hauptstadt des einstigen deutschen Protektorats. Seine Sängerkarriere begann 1967. Freilich hat er in seinem Schlager mit dem Schwert nicht vom Tod gesungen, sondern von der Liebe, einer Liebe, die eben gerade zu Ende gegangen war und der, so weiß er zu singen, eine neue Liebe folgen wird. Woher hatte dieser Mann das Wissen? War er mit Fünfzig schon so weise, dass er sich in den Wechselfällen des Lebens auskannte? Dabei war er doch seit 1964 mit ein und derselben Frau verheiratet. Manch einer ist auch mit Sechzig noch nicht so schlau und gelassen wie „Die Stimme des Herzens“, wie ihn seine deutschen Fans in Ost und West nannten.
Aber die letzten 80er Jahre sind eben nicht die heutigen 20er. Jetzt hat keiner mehr Geduld und schon gar nicht Zeit. Und zuhören kann auch keiner mehr. Da muss man sich nicht wundern, wenn das mit der Verständigung nicht mehr klappen will in dieser Welt, mal von den vielen englischen Brocken in unserem Säch‘sch abgesehen. Nicht richtig deutsch sprechen können, aber englisch quatschen! Roger hat zwar auf Deutsch gesungen, aber sprechen und schreiben in dieser Sprache konnte er nie so richtig. Schwamm drüber – wer kann das schon?
Das ist ein Kommen und Gehen! Man kennt das ja, bei manchen ist man froh, dass er gegangen ist. „Geh mit Gott – aber geh endlich!“, komplementierte meine Mutter des Öfteren Besuch aus der Wohnung, die es sich gar zu gemütlich bei uns eingerichtet hatten. Verlässt aber einer seinen Posten, werden zumeist alle Brücken abgebrochen. Der Neue glaubt wie selbstverständlich, gleich alles anders machen zu müssen, und wenn nur die Fassade gestrichen oder das Logo getauscht wird. Warum kann nicht mal etwas so bleiben, wie es ist? Wieso glauben alle, sich immer beweisen zu müssen? Wer treibt sie eigentlich? Sie selbst…?
Sicher, mitunter ist eine Trennung mit Schmerz verbunden. Man verliert einen liebgewordenen Menschen, ein angenehmes Ereignis geht zu Ende. So aber ist des Lebens natürlicher Gang. Das Schwert ist dafür ein unbrauchbares Instrument. Die Brücken sind das Wertvolle, was wir haben, die sollten erhalten und sorgfältig gepflegt werden, meint

Euer Motzi

 

 

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