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Titelbild: M. Hofmann

Im tiefsten Dunkel ihrer Wälder genießt Diana, die mächtige Göttin der Jagd und der Wildnis, inmitten ihrer Geschöpfe einen Moment der Ruhe. Locker mit der Rechten umfaßt sie den Speer, doch mit der Linken kost sie hingebungsvoll die Nase eines ihrer heiligen Hirsche. Schon im nächsten Augenblick aber mag es geschehen, daß sie wieder aufspringt, in wildem Halali die Herden auseinanderzutreiben und die die Böcke zu hetzen über Stock und Stein, daß es schaurig von den Bergen widerhallt.
Wohl bevorzugt der Grafiker Michael Hofmann die stillen Momente, wenn Ruhe und vor allem Frieden die Szene beherrschen. Er ist sich der Brisanz und der Ambivalenz bewußt, wenn er sich mit dem für November geschaffenen Blatt „Schonzeit“ dem Thema „Jagd“ zuwendet. Denn er weiß natürlich, daß die neue Saison längst begonnen hat, und daß – mit Ausnahme vielleicht der Rehböcke – der Tierwelt keine Schonung mehr gegönnt wird.
Die Jagd ist ein Urphänomen. Über Jahrzehntausende hinweg stellte sie eine Hauptnahrungsquelle dar. Und die Gesellschaft schuf Regeln, die der Tierwelt wenigstens ein Überleben sicherten. Im Gegensatz dazu ist der Krieg, der schonungslos über die Völker herfällt, eine „moderne“ Erscheinung, die niemanden wirklich nährt.
So wird das Blatt, auf dem scheinbar das Schwarz dominiert, im Sinne Dürers zum „Flugblatt“, das die Raserei der Menschheit gegen die Natur und sich selbst bloßstellt.
Indem er auch während der „Schonzeit“ die Spitze des Speeres selbst über die höchsten Wipfel hinausragen läßt, macht der Künstler den Blick auf einen Holzschnitt zum Gang durch die Weltgeschichte.

Thomas Gerlach

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